RECHT UND POLITIK § AUS DEN VERBÄNDEN Zentralverband Deutsches Baugewerbe & Deutscher Abbruchverband Baustoffrecycling konsequent umsetzen D ie geplante Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes verpasst leider die Chance, bessere Voraussetzungen für einen stabilen Absatzmarkt für Recyclingbaustoffe zu schaffen. Gütegesicherte und zertifizierte Recyclingbaustoffe bleiben dadurch weiterhin unattraktiver Abfall und somit gegenüber Primärbaustoffen zweite Wahl.“ Dieses erklärte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, Felix Pakleppa, vor der Lesung des Gesetzes im Bundestag. In Deutschland fallen bei der Modernisierung, bei Renovierung und Neubau, aber auch bei Abbruchmaßnahmen jährlich rund 220 Millionen Tonnen mineralische Abfälle an. Deren schadlose Entsorgung wird über das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) geregelt, bei dem eine möglichst hochwertige Kreislaufführung der Stoffströme angestrebt wird. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz ist das zentrale Gesetz im Abfallbereich, dessen Novellierung längst überfällig ist. Die Frist der Bundesregierung, die Europäische Abfallrahmenrichtlinie umzusetzen, ist bereits mit dem 5. Juli 2020 verstrichen. Mitte September ging es im Bundestag um die Abstimmung zum Entwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie. Mit der Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes wird auf die deutliche Stärkung des Recyclings und der Ressourceneffizienz abgezielt. Kreislaufwirtschaft im Bau BDE, BDSV, bvse und VDM Dialog statt Datenbanken Die Verbände der deutschen Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft haben die neue SCIP-Datenbank der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) als unzureichend bemängelt und sich für Ergänzungen ausgesprochen. So sehen die Organisationen in der zusätzlichen Einrichtung eines Dialogforums aller Akteure die praxisnahe Möglichkeit, die Arbeitsabläufe für die beteiligten Unternehmen im Alltag weiter zu verbessern. Dazu haben die Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen e. V. (BDSV), der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V. (bvse) und der Verband Deutscher Metallhändler e. V. (VDM) unter Führung des BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V. ein Positionspapier verfasst. Darin kritisieren die Verbände vor allem die aus ihrer Sicht mangelnde Praxistauglichkeit der Datenbank. Mit der neuen SCIP-Datenbank will die Europäische Chemikalienagentur der Abfallwirtschaft helfen, das Recycling zu verbessern. So sollen Hersteller und Importeure, die Erzeugnisse mit „besonders besorgniserregenden Stoffen“ auf den Markt bringen, verpflichtet werden, in dieser Datenbank über die Inhaltsstoffe dieser Erzeugnisse zu informieren. Nach Meinung der Recycling- und Entsorgerverbände ist dieses Vorhaben jedoch nicht zielführend. „Grundsätzlich begrüßen wir jedes Instrument, welches die Absicht hat, die Recycling- und Entsorgungswirtschaft zu unterstützen“, erklärt der Präsident des BDE, Peter Kurth. „Das Erfassen sowie Zusammenführen von relevanten Daten könnte in Zukunft unseren Branchen enorme Dienste erweisen, aber die Datenbank ist in dieser Form nicht der große Wurf für mehr Kreislaufwirtschaft. Mit einem Dialog zwischen Herstellern, Recyclern und Politik ist mehr geholfen. Es sollte daher ergänzend zur Datenbank auch ein Dialogforum geschaffen werden.“ „Wir bedauern beispielsweise sehr“, so die VDM-Präsidentin Petra Zieringer, „dass seitens der Europäischen Chemikalienagentur nicht bedacht wurde, dass viele Produkte, wie zum Beispiel Kabel, einen sehr langen Produktlebenszyklus haben und erst nach mehreren Jahren oder Jahrzehnten entsorgt und dem Recycling zugeführt werden. Vor allem diese Produkte gelangen kurz- bis mittelfristig ins Recycling, sind aber nicht in der neuen Datenbank erfasst.“ Darüber hinaus gibt bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock zu bedenken, dass aus Effizienzgründen die Ermittlung der Einzelstoffinformationen anhand der Datenbank für jedes Bauteil eines Erzeugnisses nicht mit der Praxis in der Recycling- und Entsorgungswirtschaft vereinbar sei: „Ein hoher Durchsatz von verschiedenen Erzeugnissen einer Produktgruppe mit unterschiedlichen Zusammensetzungen ist für die wirtschaftliche Verwertung zwingend erforderlich. Recycling- und Entsorgungsunternehmen arbeiten in Tonnen und nicht in Einzelstückmaßstäben.“ BDSV-Präsident Andreas Schwenter: „Obgleich wir als BDSV die erklärten Ziele der SCIP-Datenbank unterstützen, ist es aus Effizienz- und Wirtschaftlichkeitsgründen nicht möglich, die geplanten Regelungen auf den Schrottplätzen unserer Stahlrecycling- und Entsorgungsbetriebe umzusetzen. Grundsätzlich kann Stahl- und Edelstahlschrott nur in Tonnen wirtschaftlich verwertet werden. Die vorgesehene Verarbeitung in Einzelstückmaßstäben ist insbesondere bei komplexen Elektro(alt)geräten und Maschinen praktisch nicht durchführbar, da in den Abfallströmen unserer Recyclingbetriebe die Zuordnung der verschiedenen Bauteile zu einzelnen Stoffen und Materialen nicht möglich ist.“ www.bdsv.org 62 recycling aktiv 5/2020
RECHT UND POLITIK bedeutet, dass Abfälle möglichst vermieden werden und das bestehende „Rohstofflager“ der bebauten Umwelt erneut für Gebäude und Infrastruktur genutzt wird. Wertvolle Primärrohstoffe werden so geschont und weite Transportwege vermieden. „Trotz des politischen Bekenntnisses zu einer erstklassigen Kreislaufwirtschaft fehlt es dem vorliegenden Entwurf an Konsequenz“, so Pakleppa. So soll der Bund bei seinen Bauvorhaben mit einer konditionierten Bevorzugungspflicht für Recyclingmaterialien stärker in die Verantwortung genommen werden. Diese darf aber nicht mit unzumutbaren Mehrkosten verknüpft sein. „Eine deutliche Steigerung des Baustoffrecyclings kann nur gelingen, wenn diese Vergabepraxis weiter greift. Auch Länder und Kommunen müssen diese Pflicht ernsthaft mittragen und rechtlich verankern“, ergänzte Andreas Pocha, Geschäftsführer des Deutschen Abbruchverbands. Pocha weiter: „Leider versäumt es der Gesetzentwurf auch, die abfallrechtliche Verantwortlichkeit den Bauherren zuzuordnen. Damit wird auch weiterhin darauf verzichtet, bereits in der Planungsphase ein kosten- und ressourceneffizientes Entsorgungskonzept mit einer möglichst hohen Baustoffrecyclingquote festzulegen.“ Pakleppa ergänzte: „Sowohl die Mantelverordnung als auch indirekt das Kreislaufwirtschaftsgesetz sollen das Baustoffrecycling deutlich fördern. Beide Vorhaben müssen dafür wesentlich stärker an die Realität der Bauwirtschaft angepasst werden.“ www.zdb.de www.deutscher-abbruchverband.de bvse Erste Schritte für Branchenlösung in der Feuerversicherung Seit geraumer Zeit häufen sich Brandereignisse in der Recycling- und Entsorgungsbranche. Eine existenzbedrohende Situation für alle Unternehmen der Branche, denn weniger als eine Handvoll Versicherer ist überhaupt noch bereit, Brandschutzrisiken für die Unternehmen bezahl- und handelbar zu versichern. Anfang September hat sich der bvse daher in einem Workshop mit Lösungsansätzen zu diesem Problem beschäftigt. „Wie können wir für die Zukunft eine gemeinsame tragfähige Lösung für die Versicherbarkeit unserer Branche und Mitglieder gemeinsam mit den Versicherungsträgern gestalten?“, so lautete der Titel des bvse-Workshops in der Bonner Verbandsgeschäftsstelle, der auch per Video live übertragen wurde. Zur Diskussion über existenzbedrohende Auswirkungen des Status quo, der Frage nach Lösungswegen über den Verband und mögliche Ansätze einer politischen Verantwortung hatte bvse- Hauptgeschäftsführer Rehbock einen Experten für Schadensmanagement bei der Peritos GmbH, Harald Vollgraf, eingeladen. Neue, brandrisikobehaftete Materialien in den Abfallströmen, wie beispielsweise Lithium- Ionen-Batterien, haben das Risiko für jedes einzelne Branchenunternehmen in letzter Zeit deutlich erhöht. Vollgraf warnte die Anwesenden, dass auch eine bestehende Versicherung keine Basis dafür sei, sich in Sicherheit wiegen zu können. Denn spätestens nach einem Brand ereignis muss der Versicherungsnehmer mit der Aufkündigung seines Vertrages rechnen und steht danach vor der schier unmöglichen Aufgabe, einen neuen Versicherer zu finden. „Mittlerweile sind nur noch drei Hauptplayer auf dem Markt und ca. fünf weitere Versicherer engagieren sich teilweise im Bestandsgeschäft mit rückläufiger Tendenz“, führte Vollgraf aus. Zudem überlegen die noch verbliebenen Versicherer zunehmend, sich von den Recycling risiken zu trennen. „Damit besteht eine große Gefahr für die gesamte Branche. Die Häufung der Schäden und die damit einhergehende mangelnde Rentabilität der Verträge erzeugen große Unruhe bei den Versicherern, die ihrerseits unter Ergebnisdruck stehen. In der Folge fließen in die Vertragsgestaltung der Versicherungspolicen nicht nur objektive Faktoren der Versicherungstheorie, sondern auch subjektive Bewertungen ein.“ Vielen Unternehmen droht damit der Verlust der Versicherungsmöglichkeit, denn die Versicherer knüpfen ihre Verträge unter anderem an hohe, für viele Unternehmen finanziell kaum leistbare, zum Teil nicht immer sinnvolle VDS-konforme Brandschutzanlagen und haben für 2021 bereits Prämiensteigerungen um bis zu 30 Prozent angekündigt. Ein Verzicht auf Sach- und Ertragsausfallversicherung im Brandfall hingegen dürfte sich jedoch kaum ein Unternehmen leisten können, erklärte der Versicherungsexperte. Neben der Sicherstellung der Liquidität für die Fortsetzung des Geschäftsbetriebes und Bereitstellung von Kapital für Reinvestitionen sind die Versicherungspolicen meist Grundvoraussetzung für Finanzierungsmittel durch Banken oder auch für den Erhalt von Kundenaufträgen. Das große Anliegen des bvse ist, den Branchenunternehmen zu helfen und den Anstoß zu geben, dass die Recycling- und Versicherungsbranche zu einer tragbaren Branchenlösung finden. Dies sei jedoch keine One-Man-Show, so Vollgraf. Der Ansatz für eine gemeinsame Lösung kann nur gelingen, wenn sich aufseiten der Branche als auch der Versicherer möglichst viele Unternehmen anschließen. Dazu muss ein Vertragsrahmen geschaffen werden, der auch für Versicherungskonsortien attraktiv ist, damit sich diese des Themas einer möglichen „Branchenlösung“ annehmen, machte Vollgraf deutlich. Grundlage dafür sei in einem ersten Schritt, Transparenz zu schaffen – und zwar mithilfe belegbarer Daten, die den Versicherern eine Grundlage zur Analyse der Versicherbarkeit ermöglichen. „Ohne Feuerversicherung wird es in Zukunft kein Recycling mehr in Deutschland geben“, betonte bvse- Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. „Daher wird der bvse proaktiv Maßnahmen ergreifen: In der Sammlung und Erhebung von Daten in den eigenen Reihen der Mitgliedsunternehmen, um tatsächliche Risikomerkmale für Schadensereignisse zu ermitteln, sowie in Gesprächen mit anderen Branchenorganisationen und Verbänden, sich dieser Transparenzaktion anzuschließen, um dann gemeinsam in erste Projektgespräche mit Versicherungen zu gehen.“ www.bvse.de recycling aktiv 5/2020 63
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