12 FORSCHUNG Wie „Molipipes“ die Trassen Kiese und Sande sind Rohstoffe für eine Unmenge von Produkten. Eine weitere nützliche Funktion könnten sie auch in Strompipelines übernehmen, die sich als zukünftige Transportwege für Elektrizität empfehlen, um die abwehrende Trassendiskussionen in Deutschland zu beenden. Der Netzausbau hat sich zum Dauerthema entwickelt: Während in vielen Bundesländern Politiker, Stromunternehmen und Bürgerinitiativen verbissen für oder gegen die durch Deutschland geplanten Energie-Highways kämpfen, bereitet Martin Molitor seelenruhig seinen Streckenflug rund um Stuttgart vor. Gar nicht so einfach, die 500 km zu schaffen, gestartet mit einem Segelflugzeug an der Nahe und in der Hoffnung, am Abend motorlos und klimafreundlich auch wieder sicher nach Bad Sobernheim zurückzukehren. Vor wenigen Tagen hat der Versuch nicht geklappt. Das Wetter passte nicht – im Süden keine Thermik. Man muss abwarten können. Abwarten kann der inzwischen emeritierte Professor für Elektrotechnik auf jeden Fall. Aber jetzt scheint ihm die Zeit reif zum Handeln. Denn was er mit seinem Team an der Otto-von-Guericke- Universität in Magdeburg in den vergangenen Jahren entwickelt hat, ist inzwischen wissenschaftlich erprobt und somit industriell serienreif: Strompipelines. Damit ließen sich besonders umstrittene Freileitungen und teure Erdkabelverlegungen vermeiden. Die Elektrizitätshighways würden sogar den Streit um Stromtrassen schlicht überflüssig machen. Weil Molitor ihr Erfinder ist, taufte seine Schwester sie auf den Namen „Molipipes“. Das Patent an ihnen hält die Magdeburger Universität. Und die wolle es jetzt verkaufen, erklärt der Wissenschaftler. Interessenten gebe es schon – aus Kanada und China. In Deutschland kenne er bislang keine. Bei den „Molipipes“ geht es nicht um eine technische Schrulligkeit. Es geht um ein Milliardengeschäft, möglicherweise auch um einen Turbo für die Energiewende. „Unsere Strom-Pipelines ähneln mittelgroßen Gasröhren, die jedermann kennt. In ihnen liegt ein dickes Leiterrohr. Es ist in eine Mischung aus Kies, Sand und Epoxidharz eingegossen und mit GP-Interview: Der Erfinder und sein Produkt Molipipes könnten der Energiewende in Deutschland den Weg ebnen – und das im wahrsten Sinne des Wortes. GP fragte deshalb beim Erfinder Prof. Martin Molitor nach, wie genau man sich die Pipe-Einheiten vorstellen muss, welche Sande und Kiese dazu zum Einsatz kommen und wie die Vermarktung aus seiner Sicht läuft. GP: Können Sie unseren Lesern Konstruktion und Aufbau der Molipipes noch etwas näher erläutern? Martin Molitor: Das innere Leitungsrohr aus Aluminium ist von seinem Durchmesser her so gewählt, dass der inhomogene Isolationswerkstoff Mineralguss nur 25 % so stark belastet wird wie vergleichbare Kunststoffisolierungen bei Erdkabeln. Bei der Fertigung eines Segmentes wird es in einer senkrechten Aufständerung mittig mittels Mineralguss im ummantelten Stahlrohr platziert. Dabei ragt das Leitungsrohr an beiden Enden ein Stück heraus, um später mit dem nächsten Segment verschweißt werden zu können. Die Stirnfläche vom Mineralguss wird konisch geformt, damit sie später besser vergossen werden kann. Bei der Verlegung wird aber noch eine Verbindungsmuffe aus einer Kupfer- Nickel-Legierung übergeschoben und luftdicht vercrimpt. Abschließend werden die elektrischen Überwachungssysteme dann miteinander verbunden PROF. MARTIN MOLITOR bei Fernsehaufnahmen im Labor der Experimentellen Fabrik Magdeburg und auf einer Messe. Er hofft auf einen Schub für seine Forschung, erhält von vielen Seiten Bestätigung, nur die eigentlichen Adressaten hüllen sich bislang in Schweigen. Fotos: Molitor Es heißt, Sie benötigen Sand und Kies für die Ausführung? Ja, der Mineralguss besteht aus Sand, Feinkies und Epoxydharz. Dabei sollte der mineralische Anteil 90 % betragen. Am besten geeignet ist möglichst rund geschliffener Natursand, um eine gute Kugelpackung zu erreichen. Ideal ist nach unseren Erfahrungen eine Kör- GESTEINS Perspektiven 1 | 2020
FORSCHUNG 13 diskussionen beenden könnten Stahl ummantelt. Das alles ist dann so fest, dass man gefahrlos sogar mit dem Bagger drüberfahren kann. Magnetische Felder gibt es wegen des geschlossenen Stahlmantels auch keine!“, erklärt der Erfinder. Das bedeutet: Solche Stromröhren könnte man auch durch Wohnoder Naturschutzgebiete legen. Menschen würden nicht gefährdet durch magnetische Felder, die gesundheitsschädlich sein können, das Landschaftsbild würde nicht beeinflusst. Und katastrophensicher wären sie auch noch – keine Blackouts mehr durch Stürme oder Hochwasser. Die Verlegung selbst ist ganz einfach und schnell erledigt. Zusätzlicher Clou: Molitor will in seine Stromhighways gleichzeitig auch Glasfaserkabel legen, WARTEN AUF DEN RICHTIGEN ZEITPUNKT – als Segelflieger muss sich Martin Molitor oftmals in Geduld fassen, um sicher große Strecken zu überwinden. Foto: Mahrholdt nung von 0,1 mm bis 8 mm plus staubförmig aufgemahlenes Feinstmaterial. Bei einer Segmentfertigung mit nur einer Gussform von je 10 m werden dann ca. 1000 t von diesem Material jährlich benötigt. Bereiten Sie das Material selbst auf, oder lassen Sie das Sand-Kies-Staubgemisch nach vorgegebener Sieblinie liefern? Für die Entwicklung des Know-how für die Siebkette gibt es Unternehmen wie die IFT GmbH aus Magdeburg, die darauf spezialisiert sind. Die danach in großen Mengen benötigten Rohstoffe für die Serienproduktion der Segmente der Molipipes brauchen natürlich auch eine neu zu entwickelnde Zulieferstruktur inklusive Transportlogistik, möglicherweise auch mit erheblichem Local Content. Hierzu suchen wir natürlich intensiv nach Partnern aus der Baustoffindustrie, die dieses leisten können. Welche Vorteile weisen Molipipes gegenüber Erdkabeln noch auf? Molipipes sind so berechnet, dass sie für alle Arten der Stromübertragung geeignet sind. Sie werden als Einzelstrang erdverlegt und brauchen wegen der Magnetfeldabschirmung weniger Abstand zueinander als bei klassischen Erdverkabelungen. Die Klärung von Grundstücksfragen bei Querungen etc. ersparen sie natürlich nicht, allerdings sind die Bedenken dagegen viel geringer. Wir wissen aus über fünf Jahren bestehenden Kontakten zu Bürgerinitiativen in Deutschland und Österreich, dass sich die generelle Akzeptanz durch diese kompakte technische Möglichkeit zum Strom- und Datentransport deutlich vergrößert. Der Aufwand entspricht in etwa der Verlegung von Frisch- und Abwasserleitungen zu einem Anwesen. Wenn die Vorteile so klar auf der Hand liegen, weshalb springen dann nicht alle großen Netzbetreiber mit Hurra auf den Zug auf? Aufgrund der Kostenersparnis von etwa 30 % gegenüber klassischen Erdkabeln sind speziell die Kabelhersteller nicht am Einsatz dieser Technologie interessiert, da sie darin ein Wettbewerbsprodukt zu ihrer klassischen Technik sehen, und säen daher Zweifel an der Einsetzbarkeit. Insbesondere die Siemens AG ist wegen der Vermarktung ihrer gasisolierten Hohlleiter, die viel teurer sind, mehrfach dagegen Sturm gelaufen. Mit Netzbetreibern gab es auch schon eingehende Gespräche, die nur ein verhaltenes Interesse zeigten, da hier sofort nach Zulassung, Erprobung und Lieferbarkeit gefragt wurde. Sehen Sie einen Weg, dieses Innovationsverweigerungskartell aufzubrechen? Die Umsetzung müsste von einem Zuliefercluster durchgeführt werden, welchem ein Entreprise General vorsteht. Dieser Weg kann nach meiner Meinung nur durch das Bundeswirtschaftsministerium in Form einer Arbeitskreistätigkeit geebnet werden. Ein Vortragstermin ist angefragt, derzeit aber nicht in Sicht. Das ist sehr schade. Über Kontakte zu Bürgerinitiativen in Deutschland und Österreich wissen wir, dass viele bereit wären, ihre Blockadehaltung aufzugeben, wenn für den Trassenausbau Molipipes genutzt würden. Auch zahlreiche aktuelle Sendungen und Veröffentlichungen zum System könnten einen zusätzlichen Schub geben, diesen Vorgang einzuleiten. Alles in allem gute Gründe für mehr Rückenwind aus der Politik. (gsz) 1 | 2020 GESTEINS Perspektiven
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REIFEN - REIFENSCHUTZ 65 Es kommt a
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