26 WIRTSCHAFT HEIMISCHER NATURGIPS Die Umkehrung einer Umkehrung GEHT DIE KOHLE, gewinnt mangels REA-Gips das natürliche Pendant wieder an größerer Bedeutung. Ein aktueller Bericht zeigt die Potenziale in Deutschland. Foto: Gipsverband Im Jahr 2038 sollen nach derzeitigen Planungen die letzten Braunkohlekraftwerke abgeschaltet werden. Das bedeutet, dass der für die Gips-Industrie wichtige REA-Gips, der bei der Entschwefelung der Rauchgase der Kohlekraftwerke entsteht, nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Die Wirtschaftsministerkonferenz hatte deshalb im Jahr 2020 den Bund- Länder-Ausschuss Bodenforschung (BLA-GEO) gebeten, eine deutschland- weite Bestandsaufnahme der vorhandenen natürlichen Gipsvorkommen und der landesplanerisch gesicherten Gips- Rohstoffflächen zu erstellen. Der auf der letzten Wirtschaftsministerkonferenz Anfang Juli 2022 vorgelegte Bericht bildet erstmals eine verlässliche Grundlage, um die Situation der Gipsversorgung zu beleuchten. Der Bundesverband der Gipsindustrie begrüßt die Bestandsaufnahme, da es nunmehr möglich ist, qualifizierte Entscheidungen über notwendige Maßnahmen zur Sicherstellung einer nachhaltigen Versorgung mit Gips in Deutschland zu treffen. Damit wird auch eine verlässliche mittel- und langfristige Planbarkeit für die Unternehmen geschaffen. Hierzu hatte die Arbeitsgruppe im Bericht unter anderem festgestellt. „Im Vorfeld einer industriellen Nutzung sind Bund und Länder gefragt, die Erkundung neuer Gips-Lagerstätten zu befürworten und aktiv zu unterstützen. Erst mit dem Nachweis von nutzbaren Lagerstätten kann abgewogen werden, ob einer nachhaltigen, umweltschonenden, regionalen Rohstoffgewinnung oder ausschließlich den Belangen des Naturschutzes der Vorrang zu geben ist.“ Thomas Bremer, Vorsitzender des Bundesverbands der Gipsindustrie, dazu: „Der heimische Naturgipsabbau ist unverzichtbar! Er ist der umweltverträglichste und er sorgt für eine Unabhängigkeit von anderen Ländern und Einflüssen. Wer die heimische Gewinnung verhindern will, muss sich deutlich klarmachen, dass man Gips von anderswo mit einem erheblich schlechteren ökologischen Fußabdruck importieren muss.“ Jetzt müssten aus der Bestandsaufnahme der Wirtschaftsministerkonferenz die notwendigen Schlüsse gezogen werden, so Bremer weiter. Der vorgelegte Bericht mache zudem deutlich, dass es auf absehbare Zeit keine wirklichen Alternativen zum Naturgips in größeren Mengen geben wird. Beim Gips-Recycling gibt es beispielsweise noch ungeklärte Fragen hinsichtlich der geringen Anzahl an geeigneten Recyclinganlagen, der Separierung des Gipses aus den Bauabfällen und der Schadstoffgrenzwerte. Immer wieder werde auch synthetischer Gips als Ersatz zum Naturgips ins Spiel gebracht. In Deutschland wird derzeit allerdings kein Phosphorgips produziert. Die Akzeptanz für Produkte aus moderat radioaktivem Phosphatgips als Ausgangsrohstoff in der Gipsindustrie und vor allem in der Bevölkerung ist zudem mehr als fraglich. www.gips.de EU-Bauproduktenverordnung: Eindeutigkeit sieht anders aus Die EU-Kommission hat im März 2022 den Entwurf für eine grundlegend revidierte, erweiterte Fassung der EU-Bauproduktenverordnung (EU-BauPVO) vorgelegt, allerdings nach Einschätzung von Fachleuten mit fragwürdigem Ergebnis. Aus Sicht der Kommission bestehen die wesentlichen Problemstellungen bei der aktuellen Fassung der EU-BauPVO in juristisch nicht wasserdichten Produktnormen für sämtliche Bauprodukte, einer unwirksamen Marktüberwachung, teils fragwürdiger Arbeitsweise notifizierter Stellen, Missinterpretation der CE-Kennzeichnung und Überschneidungen mit anderen EU- Rechtsvorschriften. Insbesondere jedoch könnten umfassendere politische Prioritäten wie der ökologische und digitale Wandel und die Produktsicherheit mit der aktuellen Fassung der EU-BauPVO nicht in die Tat umgesetzt werden. In der Folge enthält der Revisionsentwurf eine deutliche Ausweitung der In-formationspflichten für Hersteller (verbunden mit einer neuen Konformitätserklärung), zusätzliche Nachweise für Umwelt- resp. Nachhaltigkeitsdaten (überwacht durch neu zu schaffende Überwachungsstellen), strikte Vorgaben für Notifizierte Stellen zur Bewertung der werkseigenen Produktionskontrolle (mit rigorosen Maßnahmen bei Abweichungen) und weitgehende Eingriffsrechte der Kommission in den Normungsprozess (weiterhin ohne Vorgaben, wie juristisch einwandfreie Normen zu gestalten sind). Allgemein soll die EU-Kommission befugt werden, jederzeit nahezu alle Aspekte der EU-BauPVO ändern und Anforderungen einführen zu können. Dagegen sind immer noch keine Übergangsregelungen zur Auflösung des Revisionsentwurf liegt vor Normenstaus enthalten, die dringend erforderlich sind. Stattdessen ist ein Zeitraum bis zum Jahr 2045 (!) vorgesehen, bis die alte EU-BauPVO zurückgezogen werden soll. Der mehr als 20-jährige Übergangszeitraum soll dazu genutzt werden, sämtliche Normen für Bauprodukte einer notwendigen grundlegenden Überarbeitung zu unterziehen. Die zahlreichen Kritikpunkte wurden seitens MIRO über UEPG und den bbs in den Kommentierungsprozess eingebracht. Besonders wichtig im weiteren Verlauf des Prozesses wird die Sichtweise des EU-Parlamentes und des EU-Rates sein, die ggf. im Rahmen sogenannter „Trilog-Verhandlungen“ mit der EU-Kommission zu grundlegenden Änderungen führen könnten. www.bv-miro.org GESTEINS Perspektiven 7 | 2022
WIRTSCHAFT 27 Taufe in Iphofen Gips ist einer der Helden des Alltags Gips gehört zu den Rohstoffen, die aus dem täglichen Leben kaum wegzudenken sind. Gipsprodukte finden Anwendung im Trockenbau, bei der Gestaltung von Oberflächen sowie im Schall-, Brand- und Wärmeschutz. Weithin bekannt ist der medizinische Einsatz als Gipsverband oder als Formengips in der Keramikindustrie. Und Gips ist als Ausgangsgestein von Geotopen von herausragender Bedeutung, auf Gipssubstraten bilden sich artenreiche Biotope von besonderer Schönheit. Gips wird aus natürlichen Lagerstätten, aber derzeit auch noch zu großen Teilen aus der Rauchgasentschwefelung der Braunkohleverstromung gewonnen. Werden in Deutschland die letzten Braunkohlekraftwerke abgeschaltet, fällt diese sekundäre Quelle weg. Ein Kuratorium unter Leitung des Berufsverbands Deutscher Geowissenschaftler, BDG, hatte aufgrund dieser Aktualität den Gips zum Gestein des Jahres 2022 ernannt. Im Rahmen eines Festakts wurde kürzlich am Sitz der Knauf Gips KG im unterfränkischen Iphofen der Gips offiziell als Gestein des Jahres 2022 getauft. Der Festtag in Iphofen wurde in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Gipsindustrie und dem Unternehmen Knauf Gips gestaltet. Vor über 80 Gästen unterstrichen Impulsreferate zum Gestein des Jahres von Dr. Manuel Lapp, LfULG Sachsen, und Holger Ortleb, Geschäftsführer Bundesverband der Gipsindustrie, die Bedeutung des Gipses. Dr. Andreas von Heßberg, Lehrstuhl für Störungsökologie und Vegetationsdynamik an der Universität Bayreuth, erläuterte den Bezug zwischen einer nachhaltigen Gipsgewinnung und der Artenvielfalt. Eine Steilvorlage für Marco Pabstmann, Direktor Technik Zentraleuropa bei Knauf, denn das Unternehmen hat auch hier Vorbildliches geleistet. Nach dem eigentlichen Taufakt informierten sich die Gäste direkt aus erster Hand an Knauf-Standorten über den Sachstand der modernen wie naturverträglichen Gewinnung und Weiterverarbeitung. Insgesamt gibt es in Deutschland 82 aktive Gewinnungsstellen auf Gips. www.gestein-des-jahres.de www.gips.de ZÜNFTIGE TAUFE: Thomas Bremer (Vors. Bundesverband Gipsindustrie), Andreas Günther-Plönes (GF BDG) und Christoph Dorn (Gruppen-GF Zentraleuropa Knauf) hatten die Ehre der Enthüllung und Taufe. Foto: Bundesverband der Gipsindustrie 7 | 2022 GESTEINS Perspektiven
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