24 MACH MAL WAS Klarheit schaffen Schwimmende Photovoltaik-Anlagen (FPV) bieten großes Potenzial für den regenerativen Energiemix in Deutschland. Die Weseler Firma Hülskens gehörte mit einer 750-kWp-Anlage in Weeze im Jahr 2020 zu den ersten Betreibern in NRW. Doch nach wie vor ist die Genehmigungslage zögerlich, trotz politischer Willensbekundungen im Rahmen einer grünen Energiewende. Mit einem aktuellen Forschungsprojekt zum Thema Gewässerökologie könnte sich das ändern. ZUVERSICHTLICH blickt Hülskens-Energiebeauftragter Lutz van der Kuil am Rande der Weezer FPV-Anlage in eine hoffentlich sonnige Zukunft. Fotos: tne Die Sonne scheint, was Lutz van der Kuil freut. Der Energiebeauftragte von Hülskens blickt am Rande des Kiessees in Weeze-Vorselaer auf die dortige FPV-Anlage, in der einiges an Pionierarbeit steckt. Weil es für die bundesweit dritte FPV-Anlage kaum Vorbilder gab, musste unter anderem eine regelwerkstreue schwimmende Unterkonstruktion realisiert werden. Auf 40 x 120 m, was ½ ha Wasserfläche entspricht, erzeugt die Anlage seit 2020 regenerative Energie. Nun, da FPV allerorten en vogue ist, leistet Hülskens erneut Pionierarbeit. Dabei spielen unter anderem Algen eine Rolle, die sich als natürliche Folge in vier Jahren am schwimmenden Unterbau gebildet haben. Aber der Reihe nach. „Im Jahr 2022 kam Dr. Joachim Göttsche, stellvertretender geschäftsführender Direktor der FH Aachen, auf der Suche nach einem Industriepartner auf uns als FPV-Betreiber zu“, erklärt Lutz van der Kuil. Der Wissenschaftler will mit Hilfe eines Praxisbeispiels herausfinden, inwieweit sich FPV-Anlagen auf Tagebauseen auf die Gewässerökologie auswirken. „Damit lief er bei uns offene Türen ein“, sagt van der Kuil. Also startete das Forschungsprojekt im vergangenen Jahr, an dem Hülskens, das Solar-Institut Jülich – eine wissenschaftliche Einrichtung der FH Aachen – und das an die RWTH Aachen angegliederte Gaiac-Institut beteiligt sind. Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt, soll im September 2026 enden und wird von Dr. Joachim Göttsche geleitet. Sein Lehrgebiet sind regenerative Energien, an der FH ist er Abteilungsleiter Effiziente Energienutzung. So wurde aus einer FPV-Anlage ein Forschungsobjekt. Das Ziel des Projekt „Spuers“ ist eine Umweltfolgenabschätzung schwimmender Photovoltaik-Anlagen. Es untersucht die Randbedingungen für die Nutzung solcher Anlagen und verbessert sie, sofern möglich. Das vom Land NRW im Förderrahmen progres.nrw–Innovation finanziell unterstützte Vorhaben umfasst die Datenerfassung an der Hülskens-Anlage in Weeze sowie die parallele Bearbeitung weiterer Fragestellungen in einer Modellteichanlage der RWTH Aachen in zugeschnittenen Experimenten. Nach dem entsprechenden organisatorischen Vorlauf haben die tatsächlichen Messungen kürzlich begonnen. Auch das Umweltbundesamt sowie das Wirtschaftsministerium NRW haben laut Hülskens bereits Interesse angemeldet. Für den Spätsommer ist ein Besuch von NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur auf der Anlage geplant. „Wichtig war uns bei der Projektplanung, die notwendige Expertise mit regionalen Partnern abzudecken sowie einen starken gewerblichen Partner wie Hülskens mit im Boot zu haben“, sagt Dr. Göttsche. Erforscht wird etwa das Thema Schneelast, weil die Auslegung der schwimmenden Unterkonstruktion zu ca. 70 % davon abhängt. Sensoren stellen fest, ob gerade Schnee fällt, ein zu ermittelndes Verfahren soll den Schnee mit optimiertem Modul-Aufstellwinkel zuverlässig von den Modulen abrutschen lassen. Wie hoch ist der Bedarf an Reinigungsvorgängen auf so einer Anlage? Wie sieht eine ideale Reinigung aus? – so lauten weitere Fragen. Wenn die Messergebnisse dazu beitragen, dass Schneelasten zukünftig nicht mehr in der Auslegung berücksichtigt werden müssen, GESTEINS Perspektiven 5 | 2024
MACH MAL WAS 25 spart das Unterkonstruktionskosten und pusht die Ökobilanz. Dann wären vorrangig die Kräfte von Wellen und Wind die limitierenden Größen. Für kontrollierten Schneefall sorgen Pumpen plus Schneekanonen. Testanlagen und Datenerfassung sind aufgebaut, nun folgen Test- und Entwicklungsphasen. Der größte Teil der Experimente und Untersuchungen wird an der Hülskens-Anlage durchgeführt. Für die gewässerökologischen Untersuchungen liefern Testteiche wertvolle Detailergebnisse, während mit den Daten vom See in Weeze das Gesamtmodell getestet wird. Die „Spuers“-Projektmacher gehen ergebnisoffen vor. Sie wollen herausfinden, in welchem Maß FPV als Nachnutzungsoption in rohstoffgewinnenden Betrieben sinnvoll ist. Möglichst alle Einflüsse sollen berücksichtigt und erforscht werden. „Wie so oft in der Wissenschaft wollen wir auch hierbei erfahren, ob wir bislang in diesem Kontext überhaupt die richtigen Fragen stellen“, sagt Dr. Göttsche. Wünschenswert wäre etwa eine Formel, die den Ertrag pro Fläche ins Verhältnis zu Investition und Kosten setzt. Rechnen sich „15 % Seefläche plus x“ überhaupt, wenn bei einer Überproduktion mit regenerativen Mitteln H 2 erzeugt wird? Dieser Frage geht im Projektrahmen ein Doktorand der Ruhr-Universität Bochum nach. Das Projekt soll einen wesentlichen Beitrag zur fairen Beurteilung der Floating-PV-Anlagen in den Genehmigungsprozessen leisten. „Es wird sicher nicht leicht werden, positive und negative Einflüsse gegeneinander zu gewichten. Dennoch kann ich mir gut vorstellen, dass gerade in künstlichen Gewässern, in denen sich das Ökosystem erst noch entwickelt, die Anforderungen deutlich entschärft werden könnten“, sagt Projektleiter Dr. Göttsche. Wenn am Projektende also eine wissenschaftliche Grundlage steht, womit langwierige Genehmigungsverfahren der Vergangenheit angehören, wäre dies ein großer Wurf. (tne) www.huelskens.de www.fh-aachen.de www.gaiac-eco.de IN DIESEM CONTAINER befindet sich die für das Forschungsprojekt „Spuers“ notwendige Technik. DAS FORSCHUNGSFELD, hier links im Bild, liegt am Rande der FPV-Anlage. Es misst 36 x 4 m. Beim Ortstermin war lediglich die Halterung für den Schaltschrank montiert. FÜR DIE FORSCHUNG INTERESSANT: Grüne Algenablagerungen am Unterbau werden erfasst, untersucht und eingeordnet. Auch der 12°-Neigungswinkel der Module wird im Sinne der Sache hinterfragt. 5 | 2024 GESTEINS Perspektiven
74 ZU GUTER LETZT DER GROSSE MOMENT
SW305 SW405 STÄRKER. ROBUSTER. SCH
Laden...
Laden...