28 RECHT Die landesweite Wasserschutzgebietsverordnung Hintergrund, Überblick, Rechtsfragen Am 01.10.2021 trat die (neue) landesweite Wasserschutzgebietsverordnung oberirdische Bodenschatzgewinnung (LwWSGVO-OB) in Nordrhein-Westfalen in Kraft. Durch diese wird die oberirdische Bodenschatzgewinnung in Wasserschutzgebieten im Land NRW zukünftig einem neuen Regime unterstellt. Ziel ist die Eröffnung eines größeren Spielraums zur Zulassung der Gewinnung auch in der Wasserschutzzone III. Das bisher geltende Abbauverbot gemäß § 35 Abs. 2 LWG a. F. ist entfallen. Der vorliegende Beitrag bietet einen kurzen Überblick zu den Hintergründen und den wesentlichen Regelungen der Verordnung und zeigt erste Rechtsfragen auf. EINZELFALLPRÜFUNG KANN HELFEN: Die landesweite Wasserschutzgebietsverordnung für NRW wurde im Wege einer Rechtsverordnung erlassen. Foto: Redeker schutzgebieten gemäß § 35 Abs. 2 Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen (LWG) mit Gesetz vom 04.05.2021 ersatzlos gestrichen wurde. Vereinbart worden war dies im Koalitionsvertrag der CDU/FDP für die Jahre 2017 bis 2022. Erschwerungen für die Rohstoffgewinnung im Wasserbereich sollten wieder zurückgenommen und die flexiblere Einzelfallprüfung für eine Rohstoffgewinnung in Schutzzone III zugelassen werden. Eine strikte Regelung wie das bislang geltende allgemeine Gewinnungsverbot gilt auch in anderen Bundesländern nicht. Der vero – Verband der Bau- und Rohstoffindustrie hatte seinerzeit fortwährend darauf hingewiesen, dass wegen des landesplanerischen Entwicklungsziels der Senkung des Flächenverbrauchs, die Erweiterung bestehender Gewinnungsbetriebe (ggf. auch in den Randbereichen von Wasserschutzgebieten) weitaus zweckmäßiger wäre als die Errichtung gänzlich neuer Betriebe außerhalb der Schutzzonen. Die auch schon nach alter Rechtslage theoretisch bestehende Möglichkeit zur Erteilung einer Befreiung vom Gewinnungsverbot (§ 35 Abs. 2 Satz 3 LWG i. V. m. § 52 Abs. 1 WHG) war im Ergebnis ins Leere gelaufen. Denn auf landesplanerischer Ebene führte das Leitbild der Verortung der Rohstoffgewinnung in möglichst konfliktarme Bereiche regelmäßig dazu, dass Wasserschutzgebiete wegen des Abgrabungsverbots als Tabubereiche festgelegt wurden, sodass eine Befreiung schon landesplanungsrechtlich ausgeschlossen war. Die Landesregierung Nordrhein- Westfalen hat mit der LwWSGVO- OB eine – in der Form wohl bislang einzigartige – landesweite Wasserschutzgebietsverordnung erlassen. Die Verordnung beschränkt sich auf den Sektor der oberirdischen Bodenschatzgewinnung, soll aber Teil eines größeren Verordnungsprojekts der Landesregierung sein, wonach auch andere Sachbereiche zum Regelungsgegenstand der Verordnung gemacht werden sollen, beispielsweise die von landwirtschaftlichen Nutzungen ausgehenden Gewässerverunreinigungen. Dass die Teilregelung zur oberirdischen Bodenschatzgewinnung zeitlich vorgezogen wurde, fand vor dem Hintergrund statt, dass das bislang geltende generelle Verbot der oberirdischen Bodenschatzgewinnung in Wasser- Kurzüberblick zu den neuen Regelungen Die Verordnung sieht ein abgestuftes Schutzzonenregime in den Zonen I, II, III A und III B vor (§ 1 Satz 1 und § 3 LwWSGVO-OB). Eine entsprechende Abstufung ist bereits gemäß § 51 Abs. 2 WHG erforderlich und die meisten Wasserschutzgebiete sehen heute eine solche Aufteilung vor. Die Verordnung unterscheidet zwischen Trinkwasserschutzgebieten für Grundwasser einerseits (§ 4 LwWS- GVO-OB) sowie Trinkwasserschutzgebiete für Talsperren andererseits (§ 5 LwWSGVO-OB) und legt hierzu leicht unterschiedliche Regelungen fest. Der Wortlaut der Verordnung ist an dieser Stelle leider etwas unübersichtlich. Im Grundsatz erklären die §§ 4 und 5 LwWSGVO-OB einzelne Maßnahmen für entweder verboten oder für genehmigungspflichtig. Grob lassen sich die Regelungen wie folgt zusammenfassen: • In Schutzzone III B (Grundwasserschutz) bzw. Schutzzone III (Talsperren) sind Maßnahmen der oberirdischen Bodenschatzgewinnung grundsätzlich zulässig, aber genehmigungspflichtig, soweit sie (ausschließlich) oberhalb des höchsten zu erwartenden Grundwasserstandes erfolgen • Betriebserweiterung und -verlängerungen unterhalb des höchsten zu GESTEINS Perspektiven 5 | 2022
RECHT 29 oberirdische Bodenschatzgewinnung NRW erwartenden Grundwasserstandes können unter bestimmten Voraussetzungen in Grundwasserschutzgebieten genehmigt werden • Sprengungen sind nur zulässig, soweit eine Verritzung der Gesteinsschichten unterhalb des höchsten zu erwartenden Grundwasserstandes ausgeschlossen werden kann • im Übrigen sind die oberirdische Bodenschatzgewinnung und Sprengungen untersagt • Wassererhaltungsmaßnahmen zur Trockenhaltung des Abbaubereiches sind stets untersagt. Rechtsfragen Rechtsgrundlage Rechtsgrundlage der Verordnung ist § 35 Abs. 1 Satz 3 LWG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WHG und § 52 WHG. Danach kann die Landesregierung durch Verordnung „Schutzbestimmungen für alle oder mehrere Wasserschutzgebiete“ treffen, also (wahrscheinlich) auch landesweite Regelungen zur Vereinheitlichung der bestehenden Wasserschutzgebietsverordnungen erlassen, um die örtlichen Behörden zu entlasten. Geltungsbereich der Verordnung Nach § 1 Satz 2 LwWSGVO-OB gilt die Verordnung grundsätzlich für alle Schutzzonen in bestehenden Wasserschutzgebieten, soweit dort entsprechende Schutzzonenregelungen vorhanden sind. Wenn andere Schutzzonentypen vor Ort bestimmt wurden, gelten diese weiter und sollen von der Verordnung nicht verdrängt werden. Mit anderen Worten: Ist vor Ort eine Wasserschutzzone III vorgesehen, richtet sich das Schutzniveau im Bereich oberflächennaher Bodenschatzgewinnung nach den Anforderungen, die die §§ 4 und 5 LwWSGVO-OB für die Schutzzone III vorsehen. Nach der gesetzlichen Regelung bleibt aber zugleich die Möglichkeit bestehen, durch eine spätere Verordnung der örtlichen Wasserschutzbehörden erneut Abweichungen von der landesweiten Verordnung zu regeln (§ 35 Abs. 1 Satz 3 a. E. LWG). Zuständige Behörden Zuständig für Vollzug sind die örtlichen Wasserbehörden, die auch die Wasserschutzgebietsverordnungen erlassen haben. Wenn ein anderweitiges Genehmigungsverfahren Anwendung findet (z. B. Betriebsplanzulassung, Abgrabungsgenehmigung), entscheiden die dafür zuständigen Behörden im Einvernehmen mit den Wasserbehörden (§ 6 Abs. 1 und 4 LwWSGVO-OB). Bestandsschutz Gemäß § 9 Abs. 1 LwWSGVO-OB genießen oberirdische Abbautätigkeiten Bestandsschutz, die vor dem 16.07.2016 • im Regionalplan als Bereiche für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze (BASB) festgelegt worden sind (Nr. 1) oder • bereits nach BBergG, AbgrabungsG oder BImSchG zugelassen worden sind, wobei auch ein Rahmenbetriebsplan nach BBergG als Zulassung gilt (Nr. 2). Diese Regelung führt im Grunde den früheren § 125 LWG NRW fort. Die Anforderungen der landesweiten Wasserschutzgebietsverordnung gelten hier also nicht, sondern für diese Vorhaben gelten weiterhin die bisherigen örtlichen Wasserschutzvorschriften. Rechtmäßigkeit der Verordnung Gemäß §§ 51, 52 WHG sind Handlungsverbote – wie z. B. bezüglich der Bodenschatzgewinnung – in Wasserschutzgebietsverordnungen nur zulässig, soweit der Grundwasserschutz die Festsetzung der Verbote erfordert. Dies setzt wissenschaftlich abgesicherte hydrogeologische und hydraulische Erkenntnisse zur Schutzbedürftigkeit eines Grundwasservorkommens voraus. Es könnte durchaus argumentiert werden, dass bei einer landesweiten Verordnung, die ein pauschales Verbotsregime für alle Wasserschutzgebiete vorsieht, der notwendige Bezug zur Situation vor Ort nicht gegeben ist. Besonders infrage stehen könnte dies etwa in Fällen von älteren örtlichen Wasserschutzgebietsverordnungen, die möglicherweise ohne die erforderlichen Datengrundlagen ausgewiesen wurden. Zudem dürfen die Verbote mit Blick auf die Eigentumsfreiheit (Art. 14 GG) nicht unverhältnismäßig sein. In diesem Rahmen ist namentlich die spezifische Standortgebundenheit bergbaulicher Betriebe zu berücksichtigen. Anders als in einem vom Oberverwaltungsgericht Niedersachsen entschiedenen Fall einer Biogasanlage (vgl. Urt. v. 20.12.2017, Az.: 13 KN 67/14) ist es dem Bergunternehmer gerade nicht möglich, seine Vorhaben und Planungen auf Flächen zu richten, die außerhalb des Schutzgebiets liegen. Rechtsschutzmöglichkeiten Die landesweite Wasserschutzgebietsverordnung wurde im Wege einer Rechtsverordnung erlassen. Rechtsverordnungen können als untergesetzliche Normen gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 109a JustG NRW im Wege des Normenkontrollantrages vor dem Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen binnen Jahresfrist ab Bekanntmachung (21.09.2021) angegriffen werden. Diese Frist läuft am 21.09.2022 ab. Unabhängig davon kann – und zwar auch noch nach Ablauf der vorgenannten Frist – eine inzidente Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verordnung im Rahmen von verwaltungsgerichtlichen Anfechtungs- oder Verpflichtungsklageverfahren erfolgen, soweit im Einzelfall die Zulässigkeit eines Gewinnungsvorhabens strittig ist. Offene Fragen und Ausblick Für Bergunternehmer hat sich rechtlicher Beratungsbedarf im Zusammenhang mit der Verordnung vor allem im Hinblick auf die grundlegenden Perspektiven bestehender Betriebe in Wasserschutzgebieten gezeigt, etwa weil bestehende Genehmigungen bzw. Betriebsplanzulassungen verlängert oder die Betriebe erweitert werden sollen. Die rechtliche Klärung des künftig zulässigen Umfangs eines Gewinnungsbetriebs kann aber auch schon im Vorfeld bei der Planung größerer Investitionen bedeutsam werden. Fragestellungen können beispielweise folgende Gesichtspunkte betreffen: • Geltungsbereich der Verordnung Im Einzelfall können Unklarheiten über die Anwendbarkeit der Verordnung 5 | 2022 GESTEINS Perspektiven
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