6 ZUR SACHE MEINUNG Historische Tiefs „Der ifo-Geschäftsklimaindex ist im April 2020 auf seinen niedrigsten jemals gemessenen Wert abgestürzt“, lehrt uns eine Veröffentlichung des Instituts zum betreffenden Monatsende das Gruseln. Gleichzeitig wird dort die Stimmung unter den deutschen Unternehmen als „katastrophal“ bezeichnet. Gibt es Hoffnung oder Ausnahmen? Immerhin haben doch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) sowie das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) per Erlass Ende März für die Fortführung der Baumaßnahmen im Hoch-, Straßenund Wasserbau unter Auflagen grünes Licht gegeben. Zum Glück, möchte man ergänzen. Die Tatsache, dass weiter gebaut wird, bedeutet auch, dass die Baustoffnachfrage erhalten bleibt. Bauwirtschaft und Zulieferindustrien sollten also die Stimmung zumindest in ihrem weit ausstrahlenden Tätigkeitsrahmen hochziehen. Das tun sie tatsächlich in Bezug auf die aktuelle Lage. Dennoch misst der ifo-Index im Feld künftiger Erwartungen sogar für das Bauhauptgewerbe eine negative Tendenz. Abgesehen vom Verdacht der möglicherweise fehlenden Mittel, um Bauleistungen auch auf Sicht noch bezahlt zu bekommen, sind Teile der Bauzulieferindustrie auf Komponenten aus Asien angewiesen. Deshalb könnte sich ein Teil des hier verorteten Zukunftspessimismus auf die Möglichkeit brechender Lieferketten beziehen. Im Bereich der Produktion mineralischer Roh- und Massenbaustoffe ist zumindest dieser Bruch nicht zu befürchten, solange sie aus heimischen Betrieben zur Verfügung gestellt werden können. Ein Vorteil unserer standortgebundenen Branche! Doch künstliche Einschränkungen bremsen diese komfortable Möglichkeit. Kippt also die Stimmung auch hier? Zu dieser Frage und weiteren lässt GP den Präsidenten des Bundesverbandes Mineralische Rohstoffe, MIRO, zu Wort kommen. DR. GERD HAGENGUTH: „Wir sehen gerade in der Krise, dass die Handlungskaskade unserer Verbände wie vorgesehen funktioniert. Das bestärkt uns in unserer Arbeit für die Zukunft.“ GP: Herr Dr. Hagenguth: Wie bewerten Sie die Aufrechterhaltung des Baugeschehens unter Auflagen auch in der Corona-Hochphase? Dr. Gerd Hagenguth: Am besten malt man sich gar nicht aus, was es bedeutet hätte, auch diesen Tätigkeitsbereich – und damit eine wesentliche Stütze der Binnenwirtschaft – lahmzulegen. Bauen und Baustoffe zu liefern bedeutet ja nicht nur, ein Stück mehr intakte Straße, Gleisstrecke oder ein Haus mehr zu haben. Übergreifend betrachtet bedeutet dies auch den Erhalt der Funktionsfähigkeit anderer Bereiche des täglichen Lebens wie Ver- und Entsorgung, Mobilität, Sicherheit der Beschäftigten u. v. m. Wir haben damit eine Art Anker oder Kristallisationskeim, um den herum sich das normale Leben wieder entwickeln kann, wenn es hoffentlich bald so weit ist. Das Wiederanfahren wird schwer genug. Deshalb ist ein solcher Halt auch unter psychologischen Aspekten nicht zu unterschätzen. Das Wesentliche im Blick GP-Interview: und Baustoff Apropos psychologischer Aspekt: Aus unserer Sicht ist es bei all den massiven Einschnitten, die manche ganz hart betroffenen Branchen zu tragen haben, nicht akzeptabel, wenn andere, die nur darum bangen, wegen Corona-Einschränkungen oder -Behinderungen kein Umsatzplus zum Vorjahr erwirtschaften zu können, in ein Lamento ausbrechen. Hier sollte unbedingt die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Wie sieht es konkret bei den Unternehmen der Gesteinsindustrie aus – mussten Corona-relevante Veränderungen vorgenommen werden? Unter verschärften Hygiene- und Gesundheitsschutzmaßnahmen produzieren unsere Werke der heimischen Gesteinsindustrie weiter, um die anhaltende Nachfrage nach Baurohstoffen über kurze Wege zu decken. Zusätzlich installierte Trennscheiben oder auch der kontaktlose Formularaustausch an der Waage, wo räumliche Nähe zwischen Werksmitarbeitern und Grafik: ifo-Institut GESTEINS Perspektiven 4 | 2020
ehalten Wie kommt die Rohindustrie durch die Krise? Abholern unvermeidbar ist, sind Teil der getroffenen Schutzmaßnahmen. Größere Werke haben zusätzlich organisatorische Anpassungen vorgenommen. Das heißt, sie haben ihre Belegschaften neu gruppiert und separiert, um im Falle eines Corona-Ausfalls mit den nicht betroffenen Einheiten den Normalbetrieb aufrechtzuerhalten. Der Verkauf von Gesteinsprodukten an private Endkunden wurde aus Sicherheitsgründen vielfach eingestellt. Mit diesen Maßnahmen sichern unsere Branchenunternehmen die notwendigen Kapazitäten für laufende Bauvorhaben ab. Wir sind uns unserer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst. Ohne den erforderlichen Nachschub würde auch die Bauausführung ins Stocken geraten. Genau das gilt es gerade jetzt dringend zu verhindern! „Trotz sehr vereinzelter Schließungen sind unsere Betriebe insgesamt lieferfähig. Damit tragen wir zur Stabilisierung des deutschen Bruttosozialprodukts in diesen schwierigen Zeiten bei.“ Stellen Sie fest, dass sich durch diese nie gekannte Situation eine Art verständnisvolleres Miteinander abzeichnet? Konkret: Sind im Zusammenspiel mit Behörden Tendenzen erkennbar, die sich unter tatsächlicher Bürokratieentlastung für den Mittelstand subsumieren lassen? Leider bestätigt sich diese wünschenswerte Entwicklung eher nicht – auch wenn es mir unbekannte Einzelfälle geben mag. Einschlägige, unseren Wirtschaftsbereich betreffende Gesetze kennen ohnehin keinen erleichternden Ausnahmetatbestand. Dieser müsste zuerst rechtssicher festgeschrieben werden. Möglich wäre das durchaus. Nachdem bereits diverse Gesetze zur Bewältigung der Corona-Krise im Eiltempo verabschiedet worden sind, haben wir uns deshalb in Übereinstimmung mit Forderungen des BDI und bbs u. a. dafür eingesetzt, dass ein zulassungsbedingter Investitionsstau rasch per Gesetz verhindert werden kann. Im Falle von Genehmigungsverfahren sollte demnach heute, wo alle Möglichkeiten dazu bestehen, bspw. auch eine digitale Öffentlichkeitsbeteiligung möglich sein. Zumindest hier hoffen wir auf schnelle Ergebnisse. Ansonsten ist in Sachen Bürokratieabbau noch sehr viel Luft nach oben. Ich vermute: Wie viel das ist, wird erst erkennbar, wenn die tatsächlichen wirtschaftlichen Folgen des Shutdown mit Zeitverzögerung, aber großer Wucht zuschlagen. Aus meiner Sicht wäre es deutlich besser, schon jetzt alle Industriezweige und produzierenden Betriebe, die wir tatsächlich in Deutschland noch haben, staatlicherseits zu ermutigen. Ich meine hier gar nicht Subventionen oder Ähnliches, sondern vor allem Anerkennung, Verfahrenserleichterung und -beschleunigung statt noch weiterer Restriktionen oder zusätzlicher Kostenbelastungen. Wir brauchen gegenseitiges Vertrauen, wenn wir uns dranmachen, den Karren wieder auf eine Erfolgsspur zu ziehen. Kurz gesagt: Dort, wo wir wirtschaftliche Unabhängigkeit haben könnten, dürfen wir sie doch nicht sehenden Auges auch noch verspielen. Könnten Sie die Anmerkung „weitere Restriktionen oder zusätzliche Kostenbelastungen“ untermauern? Das kann ich gerne an einem aktuellen Beispiel tun. Wie wir von unseren Mitgliedsverbänden erfahren, entwickeln sich länderspezifische Kosten für Gebührenbescheide bisweilen so, dass man von einer regelrechten Explosion MIT VOLLER KRAFT IM EINSATZ IHR VERLÄSSLICHER PARTNER Als Aufbereitungsspezialist für alle Materialien bietet SBM passende Systeme für eine lückenlose Produktionskette, von hochmobil bis stationär, wirtschaftlich und umweltbewusst. SBM Mineral Processing GmbH office@sbm-mp.at www.sbm-mp.at
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