16 WIRTSCHAFT Neue Steuerurteile, Steuertrends und Anweisungen Wer steuerlich optimal agieren möchte, dem hilft ein Blick in die Steuergesetze leider nicht wirklich – beinahe täglich werden im Steuerrecht Urteile gefällt und neue Anweisungen veröffentlicht. Das hat Vor- und Nachteile: Zwar muss man immer steuerlich auf dem Laufenden sein, um keine Fehler zu machen, doch winken gleichzeitig immer wieder neue Steuertrends und Steuervereinfachungen. Billigkeitserlass von Zinsen in 13b-UStG-Fällen Einer internen Verfügung der Finanzverwaltung ist zu entnehmen, dass das im Bundessteuerblatt veröffentlichte Urteil vom 26. September 2019 (Az. V R 13/18) auf alle Fälle der fehlerhaften Anwendung des § 13b UStG uneingeschränkt (nicht nur für Bauträger-Fälle) anzuwenden ist. Danach gilt Folgendes: Gehen der Leistende und der Leistungsempfänger rechtsfehlerhaft davon aus, dass der Leistende Steuerschuldner ist, obwohl der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG schuldet, sind die sich aus der Versagung des Vorsteuerabzugs entstehenden Zinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen. Das gilt in drei Fällen. Erstens, wenn das Finanzamt die für Leistung geschuldete Steuer vom vermeintlichen statt vom wirklichen Steuerschuldner vereinnahmt hatte. Zweitens, wenn der Leistende seine Rechnung mit Steuerausweis berichtigt, und drittens, wenn er den sich hieraus ergebenden Vergütungsanspruch an den Leistungsempfänger abtritt. Praxis-Tipp: Der Bundesfinanzhof stellte in seinem Urteil klar, dass die Abtretung des Vergütungsanspruchs an den Leistungsempfänger nur eine Möglichkeit der Vermeidung eines Liquiditätsvorteils beim Leistenden darstellt. Die Anwendung der Urteilsgrundsätze ist aber nicht auf Abtretungsfälle beschränkt. Ransomware-Angriffe und Betriebsausgabenabzug Immer häufiger werden Unternehmen Opfer eines sogenannten Ransomware-Angriffs, bei dem Daten des Unternehmens von einem Erpresser verschlüsselt werden. Die Entschlüsselung der Firmendaten erfolgt in der Regel gegen die Zahlung eines Erpressungsgelds. Hier stellt sich die Frage, ob solche Zahlungen als Betriebsausgabe abziehbar sind. Die Antwort kann einer aktuellen internen Verfügung der Finanzverwaltung entnommen werden. Da die Zahlung eines Unternehmens im Zusammenhang mit einem Ransomware-Angriff geleistet werden, um ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens (Daten) wiederherzustellen, handelt es sich bei dieser Zahlung unzweifelhaft um eine betriebliche Veranlassung und somit nach § 4 Abs. 4 EStG um eine Betriebsausgabe. Ein Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 EStG besteht nicht. Ein Abzugsverbot für die Zahlungen an Cyberkriminelle könnte nur nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO in Betracht kommen, da es einem Unternehmer in der Regel nicht gelingen wird, die tatsächlichen Empfänger der Zahlung im Rahmen eines Benennungsverlangens zu benennen. Da Cyberkriminelle anonym auftreten, ihre Identität verschleiern und die Zahlung in der Regel in Kryptowährung erfolgt, ist die Empfängerbenennung nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO nach Auffassung der Finanzverwaltung grundsätzlich nicht zumutbar. Praxis-Tipp: Die Nichtberücksichtigung von Betriebsausgaben bei Lösegeldzahlungen aufgrund eines Ransomware- Angriffs kommt nur dann in Betracht, wenn ein Unternehmen durch sein Verhalten die Cyber-Erpressung begünstigt hat (z. B. durch nicht zeitgemäße Standards bei der IT-Sicherheit). Wegfall der Besteuerung der Gas-/Wärmepreisbremse Beim Ausfüllen der Steuerformulare 2023 fällt bei der Ausfüllhilfe zur Einkommensteuererklärung auf, dass Hinweise zur Zeile 17 der Anlage SO enthalten sind. Danach besteht die Verpflichtung, die finanziellen Vorteile aus der Gas-/Wärmepreisbremse (Soforthilfe Dezember 2022) einzutragen. Hintergrund: Diese Entlastung sollte bei Besserverdienern besteuert werden. Doch diese Besteuerungsvorschrift wurde durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz ersatzlos gestrichen. Zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung waren die papiergebundenen Steuerformulare zur Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum jedoch schon gedruckt. In verschiedenen Verfügungen und Pressemitteilungen weisen die Finanzbehörden deshalb nun darauf hin, dass die Hinweise sowie die Zeile 17 der Anlage SO insgesamt als gegenstandslos zu betrachten sind. Diesbezügliche Eintragungen müssen demnach nicht mehr vorgenommen werden. Corona-Hilfen bei Anschaffung von Wirtschaftsgütern Hat ein Unternehmen wegen der Corona-Pandemie Zuschüsse zum Kauf eines Wirtschaftsguts des betrieblichen Anlagevermögens bekommen, hat es bei der steuerlichen Behandlung ein Wahlrecht. Die Corona-Hilfe kann entweder als Betriebseinnahme erfasst werden und erhöht somit den zu versteuernden Gewinn. Alternativ dazu können die Corona- GESTEINS Perspektiven 3 | 2024
WIRTSCHAFT 17 Hilfen auch von den Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts abgezogen werden. Somit kann nur ein geminderter Abschreibungsbetrag vom Gewinn abgezogen werden. Betriebsprüfung trotz Todesfall Kann es sein, dass das Finanzamt für eine Handwerks-GmbH für zurückliegende Jahre eine Betriebsprüfung anmeldet, obwohl der Gesellschafter-Geschäftsführer bereits verstorben ist und die Kinder, die den Betrieb geerbt haben, den Betrieb nicht weiterführen? Antwort des Finanzgerichts Hessen: leider ja. Die Richter stellten klar, dass auch dann eine Betriebsprüfung für ein Unternehmen durchgeführt werden darf, wenn der Betriebsinhaber oder der Gesellschafter einer GmbH bereits verstorben ist. In dem Streitfall beim Finanzgericht Hessen ging es um die GmbH eines Bauunternehmers, der verstarb. Die beiden Söhne führten den Betrieb nicht weiter und könnten deshalb auch keine Fragen des Finanzamts beantworten. Trotzdem müssen die Erben die Betriebsprüfung dulden. Die steuerlichen Pflichten gehen mit dem Tod des Betriebsinhabers auf die Erben über (FG Hessen, Urteil v. 10.5.2023, Az. 8 K 816/20; veröffentlicht am 31. Januar 2024). Praxis-Tipp: Gegen das Urteil des Finanzgerichts Hessen haben die Söhne als Erben zwar eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingereicht (BFH, Az. X B 73/23). Doch die Chancen darauf, dass das Finanzamt auf die Betriebsprüfung verzichtet, stehen nicht wirklich gut. Messeaufwendungen und das Finanzamt Das Jahr 2024 bietet für Unternehmer im In- und Ausland zahlreiche interessante Messen. Doch Messen interessieren nicht nur Unternehmen, sondern auch das Finanzamt. Denn je nachdem, ob ein Unternehmen Ausgaben für Messeaufwendungen geltend macht oder ob ein Angestellter aus beruflichem Interesse eine Messe besucht, gelten ganz spezielle Steuerspielregeln. Nimmt ein Unternehmen als Aussteller an einer Messe teil, führt das teils zu erheblichen Ausgaben. Abgerechnet werden neben der Miete für die Messefläche und den Messestand in der Regel auch Dienstleistungen für Security oder Handwerker. Das Finanzamt interessierte sich in der Vergangenheit in der Regel besonders für die Mietaufwendungen. Denn diese wurden bei Ermittlung des Gewerbeertrags zur Gewerbesteuer nach § 8 Nummer 1 Buchstaben d und e Gewerbesteuergesetz anteilig wieder zugerechnet. Die Betonung liegt aber auf dem Wörtchen „wurden“. Denn der Bundesfinanzhof hat in mehreren Urteilen nun klipp und klar ausgeführt, dass die Hinzurechnung von Messemieten und damit eine Erhöhung der Gewerbesteuer unzulässig ist (BFH, Az. III R 14/21 und III R 35/21). Sollte ein Prüfer oder Sachbearbeiter des Finanzamts also in alter Gewohnheit Messemieten anteilig dem Gewerbeertrag hinzurechnen, lohnt sich Gegenwehr mit Verweis auf die beiden BFH-Urteile. Weiterbelastung: Ein weiterer Prüfungsschwerpunkt des Finanzamts bei Messeaufwendungen ist die mögliche Weiterbelastung an verbundene Unternehmen. Denn erhält ein Unternehmen eines internationalen Unternehmensverbunds die Rechnung über Messemieten und alle Unternehmensteile profitieren von dem Messeauftritt, erwartet das Finanzamt, dass die Messeaufwendungen anteilig auch den anderen Unternehmensteilen weiterbelastet werden. In der Regel wird das Finanzamt auf eine Weiterbelastung verzichten, wenn alle von der Messe profitierenden Unternehmen ihren Sitz in Deutschland haben und in Deutschland steuerlich erfasst sind. Doch sobald auch Unternehmen mit Ansässigkeit im Ausland profitieren, erfolgt in der Regel eine Einkommenskorrektur nach § 1 Außensteuergesetz. Welche Unternehmen von dem Messeauftritt profitieren, kann der Prüfer des Finanzamts meist den Pressemitteilungen des Ausstellers entnehmen. Konkret: Messekosten 60.000 Euro, auf Messe werden Produkte von drei ausländischen verbundenen Unternehmen und von drei inländischen Unternehmen beworben. Folge: Das Finanzamt erwartet, dass die ausländischen Firmen steuerlich 30.000 Euro der Messeaufwendungen übernehmen. Der Gewinn des deutschen Ausstellers wird also um 30.000 Euro nach oben korrigiert. Wie viel der Messekosten ins Ausland verrechnet werden, ist natürlich vom Einzelfall abhängig und kann bei guten Argumenten deutlich oder sogar auf 0 Euro reduziert werden. Steuerfreie Smartphone-Überlassung Überlässt ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern ein Smartphone zur privaten Nutzung, ist dieser geldwerte Vorteil grundsätzlich nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei. Das gilt sogar in den Fällen, in denen der Mitarbeiter das Smartphone zu 100 % privat nutzt. Die steuerfreie Überlassung ist sogar in den Fällen erlaubt, in denen der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern deren private Smartphones für einen Euro abkauft und ihnen das Smartphone anschließend wieder zu privaten Nutzung überlässt (BFH, Urteil v. 23.11.2022, Az. Az. VI R 50/20). Doch in den geplanten Lohnsteuerrichtlinien 2024 ist auf ein Steuerrisiko hinzuweisen, das die Steuerfreiheit zum Kippen bringen kann. Danach scheidet eine steuerfreie Überlassung des Smartphones nach § 3 Nr. 45 EStG aus, wenn das Smartphone nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Beschäftigten steuerlich zuzurechnen ist. Das ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer zivilrechtlicher Eigentümer des Geräts ist oder wie ein wirtschaftlicher Eigentümer oder Leasingnehmer darüber verfügen kann. Praxis-Tipp: Dem Arbeitnehmer ist das Smartphone steuerlich zuzurechnen, wenn der Arbeitgeber ihm dieses aufgrund einer im Arbeitsvertrag unabhängigen Sonderrechtsbeziehung (z. B. Leasingvertrag) überlässt. Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitgeber selbst Leasingnehmer ist und das Gerät dem Arbeitnehmer aufgrund eines Unterleasingverhältnisses zur Verfügung stellt. Steuerspielregeln für elektronisches Fahrtenbuch Führt ein Selbstständiger für seinen Firmenwagen ein Fahrtenbuch und ermittelt den zu versteuernden Betrag für Privatfahrten anhand dieser Aufzeichnungen, sind Prüfer und Sachbearbeiter in den Finanzämtern in der Regel misstrauisch. Werden die vorgegebenen Spielregeln beim Führen des Fahrtenbuchs nicht erfüllt, wird das Fahrtenbuch als steuerlich unwirksam eingestuft und der zu versteuernde Privatanteil wird nach der 1-%-Regelung ermittelt oder schlimmstenfalls geschätzt. In einem Streitfall vor dem Finanzgericht Düsseldorf wurden nun die Steuerspielregeln für ein elektronisches Fahrtenbuch überprüft. Leider haben die Richter das Fahrtenbuch als steuerlich unwirksam eingestuft (FG Düsseldorf, Urteil v. 24.11.2023, Az. 3 K 1887/22). Die Gründe: 3 | 2024 GESTEINS Perspektiven
Weinwandern mit Einkehr Das BLS-Aus
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