10 FORSCHUNG Entwicklung eines Verfahrens zur Online-Bestimmung der Gefügebeständigkeit von magmatischen Natursteinen Magmatische Gesteine verfügen entstehungsbedingt über höhere Festigkeiten und Verschleißwiderstände als bspw. die meisten Sedimentite. Diese physikalischen Qualitäten sind für viele Baumaßnahmen besonders gefragt. Unter atmosphärischen Einflüssen können sie allerdings verloren gehen. Die Entwicklung eines schnellen, im Ergebnis eindeutigen Verfahrens zur Ermittlung der Gefügebeständigkeit ist somit von größtem Interesse. Ebenso soll das lagerstättenübergreifend funktionierende Verfahren frühzeitig und ohne großen Aufwand in die Produktion integrierbar sein. Dieser Beitrag über ein dazu laufendes IGF-Vorhaben der „Forschungsgemeinschaft Mineralische Rohstoffe“ stellt eine Möglichkeit vor, wie die Gefügebeständigkeit magmatischer Natursteinprodukte über die Zeit zu ermitteln ist. Eine unabdingbare Voraussetzung zur nachhaltigen, wirtschaftlichen Gewinnung und Weiterverarbeitung von Natursteinen ist die Einhaltung der für den jeweiligen Einsatz geforderten Produktqualitäten, die heute überwiegend über europäische Normen harmonisiert sind. Dabei ist die dauerhafte Festigkeit bzw. die Gefügebeständigkeit von Natursteinprodukten für Baumaßnahmen im Straßen-, Gleis- und Wasserbau sowie in der Asphalt- und Betonherstellung von größter Bedeutung. Ergibt sich ein zeitabhängiger Festigkeits- bzw. Gefügeverlust nach dem Einsatz, sei es in ungebundener Form wie bei Bahnschotter oder in gebundener wie im Asphalt, können Mängelhaftung, Reklamationen oder auch Strafzahlungen zu negativen wirtschaftlichen Konsequenzen für Natursteinproduzenten führen. Die Problematik wird dadurch verstärkt, dass die wirtschaftliche Dimension der Mängelbeseitigung infolge einer Reklamation einem Vielfachen des ursprünglichen Wertes der gelieferten Natursteinprodukte entspricht. Bekannt ist: Magmatische Gesteine können ihre Festigkeit bzw. Gefügebeständigkeit mit der Zeit verlieren, wenn sie atmosphärischen Einflüssen ausgesetzt sind. Während sich dieses Problem bei ungebundenen Produkten in Zerteilung und Festigkeitsverlust bemerkbar macht, geht bei gebundenen Produkten der Gesteinszerfall zusätzlich mit der Entwicklung eines Quelldruckes einher. Dieser kann beispielsweise im Asphalt nicht nur zum Festigkeitsverlust, sondern auch zu weiteren Qualitätsminderungen führen. Das Hauptproblem des zeitabhängigen Festigkeits- bzw. Gefügeverlustes besteht darin, dass sich die Neigung zum nachträglichen Zerfall nicht einfach anhand optischer Merkmale bei frischem Erscheinungsbild erkennen lässt. Die Entwicklung eines schnellen und im Ergebnis eindeutigen Verfahrens zur Ermittlung der Gefügebeständigkeit von Natursteinprodukten wird deshalb von Natursteinunternehmen gewünscht und von Wissenschaftlern der TU Clausthal vorangetrieben. Bisheriger Stand der Forschung und Entwicklung Das Phänomen des zeitabhängigen Gefügeverlusts von Natursteinprodukten wird in der Fachliteratur und in anwendungsorientierten Fachkreisen unter dem englischen Begriff „Weathering“ zusammengefasst, wobei speziell für Basalt häufig auch die Bezeichnung „Sonnenbrenner“ benutzt wird. Unabhängig von den verschiedenen Bezeichnungen handelt es sich stets um dasselbe Problem: Gewisse magmatische Gesteine verlieren mit der Zeit ihre Festigkeit. Das Gefüge lockert sich und sie zerfallen im Extremfall derart stark, dass sie anschließend einem Lockergestein ähnliche Eigenschaften aufweisen. Dabei muss keinesfalls die gesamte Lagerstätte mit dieser „Anomalie“ behaftet sein. Vielmehr birgt ein Vorkommen meist nur partiell diese optisch nicht erkennbare Schwäche in sich. Dieser Umstand macht eine vorauseilende Selektierung des Gesteins niedriger Qualität GESTEINS Perspektiven 3 | 2020
FORSCHUNG 11 unmöglich und zieht somit die Qualität der gesamten Lagerstätte sowie der aus den Rohstoffen hergestellten Produkte in Mitleidenschaft. Nach Stand der Technik werden im internationalen Rahmen nachstehende Verfahren zur Bestimmung des Gefügeverlusts von Natursteinen angewandt, wobei im europäischen Prüfverfahren die Normen DIN EN 1367-3 und DIN EN 933-9 zur Anwendung kommen: • Natürlicher Zerfall-Test • Bestimmung des Glühverlustes (engl. LOI = Loss of Ignition) • Nachweis von Smektit-Analcim • Magnesiumsulfat- bzw. Sodiumsulfattest • Untersuchung der Gesteinspetrografie • Untersuchungen der physikalischen Parameter • Prüfverfahren zur Verwitterungsbeständigkeit von Gesteinskörnungen DIN EN 1367-3 Teil 3 Kochversuch für Sonnenbrand-Basalt • Glykol-Test (engl. Ethylene Glycol Index) • Beurteilung von Feinanteilen, Methylenblau-Verfahren gemäß DIN EN 933-9 • Weathering-Index. Unabhängig von der Zuverlässigkeit der Aussagekraft dieser klassischen Verfahren ist festzustellen, dass sich alle Methoden auf einzelne Proben konzentrieren, die im Labor mit relativ großem Aufwand untersucht werden müssen. Es existiert zurzeit kein Verfahren, das direkt im Feld ohne Probenvorbereitung und zeitaufwendige Laboruntersuchungen eine zuverlässige Aussage bzw. Messung ermöglicht. Da aber die Rohstoffgewinnung durch Bohr- und Sprengarbeit große Massenumlagerungen aus häufig qualitativ heterogen aufgebauten Lagerstätten bedingt, können Untersuchungen an Handproben auf keinen Fall ein repräsentatives Ergebnis für die gesamte Lagerstättenqualität liefern. Auch sind die gängigen Verfahren sehr zeitaufwendig. Ergebnisse liegen oft erst einige Tage nach einer Probenahme vor. Da die Gesteinsrohstoffe aber i. d. R. bereits kurz nach der Gewinnung weiterverarbeitet werden müssen, ergibt sich durch die Zeitverzögerung zwischen Probenahme und Ergebnis keine Möglichkeit einer belastbaren Qualitätssteuerung. Hinzu kommt: Keines der gängigen Verfahren liefert zuverlässig reproduzierbare quantitative Ergebnisse. Stattdessen liefern zwei verschiedene Verfahren wie der Kochtest nach DIN EN 1367-3 Teil 3 und das Methylenblau-Verfahren nach DIN EN 933-9 häufig sogar ganz unterschiedliche Aussagen bezüglich der Gesteinsqualität. Forschungsziel: Qualitätskontrolle in der laufenden Gewinnung Gefördertes Vorhaben Das Vorhaben der Forschungsgemeinschaft Mineralische Rohstoffe e.V. (FG MIRO) mit dem Titel: „Entwicklung eines Verfahrens zur Online- Bestimmung der Gefügebeständigkeit von magmatischen Natursteinen“ wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Die Arbeitshypothese basiert auf dem Phänomen der aus der Petrologie/Geochemie bekannten sogenannten Alteration, d. h. der Veränderung des Gesteins durch Umwandlung seiner Minerale in Sekundärminerale, die nicht auf Verwitterungsprozesse zurückzuführen ist. Diese Wechselwirkung und die damit einhergehende mineralogische Veränderung des Gesteins kann bei erhöhter Temperatur (hydrothermal) wie auch durch Sickerwasser (supergen) stattfinden. Magmatische Gesteine durchlaufen bei Abkühlung im Sub-Solidus-Bereich über ein weites Temperaturintervall eine systematische Reihe von mineralogischen Veränderungen, die aus den unterschiedlichen Stabilitätsbedingungen der gesteinsbildenden Minerale herrühren. Beispielsweise werden basaltische Vulkanite häufig postmagmatisch durch magnesiumreiche Lösungen chloritisiert (propylitische Alteration). Parallel wird die Feldspat-Komponente mit abnehmender Temperatur zunächst in Serizit/ Muskovit und dann in Tonminerale der Kaolinit-, Montmorillonit- und Illitgruppe umgewandelt. Bei diesen Mineralreaktionen entsteht häufig freier Quarz. Die akzessorische primärmagmatische oder auch hoch-hydrothermale Magnetit- Komponente wird in Hämatit und Limonit umgewandelt. Die Alteration ist grundsätzlich mit Hydrolyse, teils auch Karbonat-Bildung verbunden, d. h. der Glühverlust nimmt zu. Bei Anwesenheit von reduziertem Schwefel bilden sich häufig Pyrit oder auch andere Sulfide. Gleichzeitig nimmt die magnetische Suszeptibilität des Gesteins aufgrund der Oxidation des akzessorischen Magnetits ab. Speziell dieser Zusammenhang soll für die Qualitätskontrolle im laufenden Gewinnungsprozess nutzbar gemacht werden. Das mineralogisch-geochemische Phänomen der Alteration von magmatischen Gesteinen kann demnach für die Bestimmung der Gefügebeständigkeit herangezogen werden. Darauf stellt die wissenschaftliche Zielsetzung des Vorhabens ab. Daten aus Messungen des Bohrmehls von Sprenglochbohrungen liefern den Schlüssel, wobei dieser neue Ansatz auf der bewährten Methode zur Messung der magnetischen Suszeptibilität und des Anteils flüchtiger Bestandteile basiert, die seit Jahren in der geochemischen Exploration zur Erfassung des Alterationsumfanges von magmatischen Gesteinen angewandt wird. [1] Ziel der Entwicklung ist ein universelles Verfahren für die unmittelbare Beurteilung der Langzeitfestigkeit von ungebundenen als auch von in Asphalt gebundenen Natursteinprodukten. Vorgehensweise in bewährter interdisziplinärer Kooperation Aufgrund der Charakteristik des Projekts wurde die Forschung interdisziplinär in bewährter Kooperation zwischen dem Lehrstuhl für Tagebau und Internationaler Bergbau und dem Lehrstuhl für Lagerstätten und Rohstoffe der Technischen Universität Clausthal durchgeführt. Der Lösungsweg wurde systematisch und stufenweise nach wissenschaftli- 3 | 2020 GESTEINS Perspektiven
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