NACH OBEN: Die Steigfähigkeit des bis zu 50 t schweren Kippers Tatra Phoenix 8x8 mit moderner Kabine von DAF lässt den Lkw für alle Einsatzzwecke geeignet erscheinen. Extreme Konfiguration für Steinbruch und Straße Schwere Kipper haben sich im Steinbruch sowie im anspruchsvollen Bauverkehr etabliert. Noch mehr als die schweren Mining-Lkw mit meist fünf Achsen gilt das für Vier-Achs-Kipper. Sie haben den Vorteil, ohne Weiteres auch mit Straßenzulassung bewegt zu werden. Neben der Zuladungskapazität sind eine robuste Ausführung sowie eine hohe Geländegängigkeit entscheidend. Als allradgetriebener Kipper verfügt der Tatra Phoenix erkennbar über konstruktionsbedingte Alleinstellungsmerkmale. Die Geschichte der tschechischen Marke Tatra ist lang und wechselhaft. Tatra gehört zu den ältesten Fahrzeugproduzenten der Welt. Die Gründung der Firma geht auf das Jahr 1850 zurück, Fahrzeuge werden seit 1897 gebaut. Die Produkte heißen allerdings erst seit 1920 Tatra, nach dem höchsten Gebirge des Landes. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlegte sich der Hersteller mehr und mehr auf die Produktion geländegängiger schwerer Lkw. Nicht nur in den Ländern des ehemaligen Ostblocks machte sich Tatra besonders damit einen Namen. Wesentliche Grundlage ist die Konstruktion des Hinterwagens, bestehend aus einem verwindungssteifen Zentralrohrrahmen und extrem verschränkbaren, luftgefederten Halbachsen. Diese Basistechnik prägt die Lkw bei Tatra bemerkenswerterweise bereits seit 1923 und wie der aktuelle Tatra Phoenix beweist, hat dieses Alleinstellungsmerkmal nichts an seiner technischen Aktualität verloren. Die Federbalgen sind oberhalb des Rahmens positioniert und damit durch das Zentralrohr geschützt. Dazu rotiert die Kardanwelle zu den Hinterachsen geschützt im Inneren des besagten Zentralrohrs. Dank des Zentralrohrrahmens entfällt die Notwendigkeit eines zusätzlichen Hilfsrahmens für den Aufbau. Ein leichter Leiterrahmen als Bindeglied auf dem Zentralrohrrahmen reicht für dessen Befestigung. Schwierige Geschichte mit gutem Ende Die Einzelradaufhängung sorgt dafür, dass jedes Rad selbst in unebenen Geländeformationen Bodenkontakt behält Nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ musste die tschechische Traditionsmarke Federn lassen. Einiges deutete darauf hin, dass die Tage der Marke und der ausgefeilten Allrad- technologie gezählt zu sein schienen. Die Motorentechnik entsprach ebenso wenig mitteleuropäischen Marktansprüchen wie das damals altbacken wirkende Design. Mehrere unterschiedliche Investoren konnten Tatra mit nur halbherzig modifizierten Fahrzeugen GESTEINS Perspektiven 1 | 2021
PRAXIS 25 selbst auf osteuropäischen Märkten bald kaum mehr absetzen, sodass der Weg Richtung Konkurs unaufhaltsam schien. Wohl niemand hätte der kleinen Marke nachgetrauert im Reigen der großen Namen, wo ohnehin seit etlichen Jahrzehnten schon eher ein Verdrängungskampf die Wettbewerber dezimiert hat. Im Jahr 2013 trat die Insolvenz ein – Rettung für Tatra kam in letzter Minute mit einer tschechischen Investorengruppe, die das Potenzial der robusten Lkw erkannte, zukunftssicher etablierte und dafür sorgte, dass noch heute neue Tatras ausgeliefert werden können. Partnerschaften für die Wiederbelebung Für den Tatra Phoenix ist DAF heute einer der wichtigsten Partner. Die Komponenten der Holländer stellen sicher, dass die wesentlichen Techniken stets dem aktuellen Standard entsprechen. Als Antrieb kommen die MX-11- und MX- 13-Triebwerke von Paccar zum Einsatz. Als aktualisierter Euro-6-Antrieb gibt es den 11 l großen Sechszylinder in Varianten von 367 bis 450 PS. Der knapp 13 l große Bruder leistet zwischen 430 bis 530 PS. Dazu trägt der Phoenix die Kabine der Baureihe CF von DAF, wahlweise in kurzer oder langer Ausführung sowie mit DAF-identischem Interieur. Weitere renommierte Zulieferer runden das Paket ab. Serienmäßig werden die Kipper mit dem 16-Gang-Handschaltgetriebe von ZF angeboten. Optional steht dieses in der Applikation als Tra- EINDRUCKSVOLL: Die Kardanwelle läuft ab dem Verteilergetriebe vorborgen im Zentralrahmen, an dem die Federbälge aufgehängt sind. Xon-Getriebe zur Verfügung. Beide Ausführungen können mit integriertem Retarder ausgestattet werden. Die enge Stufung erweist sich im Gelände als vorteilhaft. Die Kräfte werden über ein Verteilergetriebe aus Tatra-Fertigung übertragen. Dabei sind beim 8x8 die beiden Vorderachsen zuschaltbar und jeweils eine Quersperre für die Differenziale an den Vorderachsen sowie den beiden Hinterachsen einlegbar. Auf eine weitere Besonderheit weist der Händler Tschann hin: Auf Wunsch wird nämlich auch das vollautomatische Allison- Wandlergetriebe optional verbaut. Es findet speziell bei ehemaligen Dumper- Fahrern, die keine Lkw-Schaltung gewohnt sind, viel Beifall. HOHE BODENFREIHEIT: Im Gelände punktet der Tatra 8x8 durch einen hohen Lenkeinschlag und extreme Böschungswinkel. AUSGEMERZT: Beim modernen Fahrwerk des aktuellen Tatra Phoenix lässt sich der negative Radsturz in unbeladenem Zustand allenfalls noch erahnen. Alleinstellungsmerkmale in Szene gesetzt In der Praxis hält das Konzept, was es verspricht. Die Bodenfreiheit von mindestens 280 mm reicht in Verbindung mit einer Wattiefe von mindestens 800 mm für die meisten Einsätze abseits befestigter Straßen. Dabei lässt sich der Tatra Phoenix 8x8 Kipper auch vollbeladen mit 50 t technischem Gesamtgewicht bei tiefen Schlammdurchfahrten nicht aufhalten. Die Böschungswinkel fallen mit 31° vorne und 22° hinten in dieser Fahrzeugklasse überdurchschnittlich aus. Die theoretische Steigfähigkeit am Hang beträgt laut Hersteller 100 %, beim voll beladenen 8x8 immerhin noch bis zu 51 %, entsprechende Bereifung vorausgesetzt. Im Steinbruch etwa kann der Tatra sein Alleinstellungsmerkmal des Fahrwerks in Szene setzen. Im Gegensatz zu den sonst üblichen herkömmlichen Starrachsen sorgt die Einzelradaufhängung dafür, dass jedes Rad selbst in unebenen Geländeformationen Bodenkontakt behält. In Verbindung damit ergibt sich ein angenehmer Fahrkomfort schon dadurch, dass auch im schweren Geländeeinsatz stets eine nahezu waagrechte Position von Fahrerhaus und Aufbau gewährleistet ist. Das Tatra- Chassis bügelt Unebenheiten aus und erlaubt ein entsprechend hohes Tempo im schweren Gelände, was für schnelle Umlaufzeiten sorgt. Auf der Straße fährt sich der Phoenix wie andere europäische Kipper. Tatra rüstet den Phoenix 1 | 2021 GESTEINS Perspektiven
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