44 Nachhaltigkeit Abbildung 2: Kategorien der Performanceprüfung von Asphalt in Abhängigkeit vom Gebrauchstemperaturbereich [2] größen eines „nicht viskositätsveränderten“ Asphaltdeckschichtmischguts als Referenz gewährleistet. Für die betrachteten Untersuchungsvarianten konnte im Vergleich zur nicht temperaturabgesenkten Referenzvariante aufgezeigt werden, dass die Herstellung von temperaturabgesenkten Asphalten unter Zugabe von viskositätsverändernden Zusatzstoffen durchgeführt werden kann, ohne dass die Kälteeigenschaften und die Verformungseigenschaften bei Wärme negativ beeinflusst werden. (Der Einsatz oberflächenaktiver Additive und die Herstellung von Schaumbitumen sind weitere probate Varianten der Temperaturabsenkung, die hier nicht betrachtet wurden.) Die Umsetzung der Temperaturabsenkung bei der Heißverarbeitung von Asphalt lässt demnach auf keine negativen Veränderungen der Verformungs- und Kälteeigenschaften von Asphalten während der Gebrauchsdauer der Befestigung („Nutzungszeit“ bis zum Erreichen des Grenzzustands der Gebrauchstauglichkeit) schließen. Besonders im Sinne des Gesundheitsschutzes ist somit die temperaturabgesenkte Herstellung und Verarbeitung von Asphalten empfehlenswert. Veranlassung/Ausgangssituation Aus Gründen der Nachhaltigkeit, der Verringerung der notwendigen Primärenergie sowie des Gesundheits- und Arbeitsschutzes ist man auf breiter Basis aller Akteure im Straßenbau gewillt, die Herstellungs- und Verarbeitungstemperatur von Asphalt nachhaltig he rabzusetzen, u. a. auch aufgrund veränderter gesetzlicher Vorgaben für die Heißverarbeitung von Asphalten im Straßenbau. Gleichzeitig soll dabei die bautechnische und funktionale Performance des Asphaltes mindestens erhalten bleiben oder bestenfalls optimiert werden. Schädliche Auswirkungen auf das übliche Gebrauchs- und Nutzungsverhalten der Asphaltbefestigungen sind auszuschließen. Die bisherigen Erfahrungsberichte und Forschungsarbeiten zeigen, dass durch die Zugabe organischer oder mineralischer Zusätze eine signifikante Temperaturabsenkung bei der Asphaltherstellung und -verarbeitung infolge der „veränderten Viskositätseigenschaften des Bindemittels (vgl. Abbildung 1)“ erzielt werden kann. Dies ist beispielsweise umfassend im „Merkblatt für Temperaturabsenkung von Asphalt (M TA [1])“ der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. sowie dem „DAV-Leitfaden – Temperaturabgesenkte Asphalte“ des Deutschen Asphaltverbands e.V. [2] dokumentiert. Variantenbezeichnung Asphaltmischgutart und -sorte sowie Bindemittelart und -sorte Viskositätsverändernde organische bzw. mineralische Zusätze Zugabemenge [M.-% bezogen auf den resultierenden Bindemittelgehalt] Referenzvariante Asphaltmischgut ohne Zusatz – Variante O-1 Asphaltbetonmischgut für Asphaltdeckschichten AC 11 D S mit organischer Zusatz Nr. 1 2,0 Variante O-2 25/55-55A gemäß TL-Asphalt-StB 07/13 organischer Zusatz Nr. 2 1,5 Variante M mineralischer Zusatz* 5,0 Tabelle 1: Übersicht der Untersuchungsvarianten sowie der Zugabemenge der viskositätsverändernden organischen bzw. mineralischen Zusätze im Mix-Design des Asphaltes * Eine Untersuchung der Effekte einer Viskositätsverminderung durch die Zugabe mineralische Zusätze ist im Labor erfahrungsgemäß nur eingeschränkt realisierbar. Die vorliegenden Untersuchungen erfolgten zur entsprechend nur zur Validierung. 8|2023
Nachhaltigkeit 45 Gleichzeitig führt die Zugabe viskositätsverändernder Zusätze jedoch mutmaßlich auch zu einer Veränderung der Bindemitteleigenschaften, wobei auch von einer grundsätzlichen Verbesserung der Verarbeitbarkeit, einer Erhöhung der Verformungsbeständigkeit bei Wärme, einer Reduzierung von Alterungsprozessen – insbesondere die Prozesse der Kurzzeitalterung des Bindemittels Bitumen bei der Asphaltherstellung und -verarbeitung infolge der verringerten Herstellungstemperatur – und einer vorzeitigen Verkehrsfreigabe berichtet wird. Bei ausschreibenden Stellen sowie Auftraggebern, insbesondere öffentlichen Straßenbaulastträgern im kommunalen Bereich, die bis dato zumeist nur vereinzelte Erfahrungswerte mit temperaturabgesenkten Asphalten im kommunalen Kontext sammeln konnten, ergeben sich Vorbehalte. Sie befürchten, dass die aus ihrer Sicht nicht eindeutig zu fassenden Veränderungen der Bindemitteleigenschaften infolge einer Zugabe auch zu einer signifikant veränderten bautechnischen und funktionalen Performance des Asphaltes führen könnte. Neben einer primären Temperaturreduzierung gilt es, das erweiterte sekundäre (Wirk-) Potenzial einer Zugabe von organischen oder mineralischen Zusätzen in Bezug auf die Bindemitteleigenschaften und im Speziellen auf die Asphalteigenschaften umfassend zu untersuchen, für die Straßenbaulastträger „technisch fassbar zu machen“ und das notwendige Handwerkszeug für die Ausschreibung, Vergabe, Durchführung und Abnahme derartiger Asphalte bereitzustellen. Etwaige Einflüsse auf die Performance des Asphalts durch die Zugabe sind offenzulegen und eindeutig zu spezifizieren. Die Kenntnis hierüber bildet die Grundlage für den breit angelegten Einsatz temperaturabgesenkter Asphalte ab 1. Januar 2025 – es gilt Vorbehalte gegen diese Bauweise nachhaltig abzubauen. Untersuchungsansatz Die Absenkung der Herstellungs- und Verarbeitungstemperaturen von Asphalt durch Zugabe von viskositätsverändernden organischen und mineralischen Zusatzmitteln ermöglicht eine signifikante Reduzierung der Entstehung von Dämpfen und Aerosolen. Die Performance von Asphalt wird im Allgemeinen durch die Gebrauchseigenschaften im Gebrauchstemperaturbereich definiert. Diese stellen die Anforderungen an die elementaren Materialeigenschaften dar und zeichnen sich grundsätzlich durch die Steifigkeit und den Widerstand gegen Ermüdung, Verformung (speziell bei Wärme) und den Widerstand gegen Rissbildung (speziell bei Kälte) aus. Um die jeweiligen Materialeigenschaften von Asphalt prüftechnisch im Labor anzusprechen, kommen in Deutschland u. a. Kälte- und Abkühlversuche nach TP Asphalt-StB, Teil 46A [3], einaxiale Druckschwellversuche nach TP Asphalt-StB, Teil 25B1 [4] oder Ermüdungsversuche nach TP Asphalt-StB, Teil 24 [5], etc. zum Einsatz (vgl. Abbildung 2). Diese sollen auch in den vorliegenden Untersuchungen umfassend zum Einsatz kommen., um den Einfluss der Zugabe unterschiedlicher viskositätsverändernder Zusätze auf die Asphaltperformance im Grenztemperaturbereich bewertbar zu machen. Im Sinne einer grundsätzlichen Grenzwertbetrachtung der Asphaltperformance von temperaturabgesenkten Asphalten unter Zugabe unterschiedlicher viskositätsverändernder organischer und mineralischer Zusätze während der Gebrauchsdauer wurde hier der Fokus auf die niedrigen und hohen Gebrauchstemperaturen gelegt (Fokusbetrachtung von Hitze und Kälte). Diese werden durch den Widerstand gegen Kälterissbildung als kennzeichnende Größe der unteren Grenze des bautechnischen Verwendungsbereichs („Winter“) sowie den Widerstand gegen Verformungen als kennzeichnende Größe der oberen Grenze des bautechnischen Verwendungsbereichs („Sommer“) bestimmt. Die vorliegenden Untersuchungen zum Einfluss der Zugabe unterschiedlicher viskositätsverändernder organischer und mineralischer Zusätze auf die Performance sollen dabei vor dem Hintergrund insbesondere kommunaler Straßenbaumaßnahmen exemplarisch anhand eines Asphaltmischguts für die Herstellung von Asphaltbetondeckschichten AC 11 D S gemäß TL-Asphalt-StB 07/13 [6] mit einem polymermodifizierten Bindemittel 25/55-55A gemäß TL Bitumen-StB 07/13 [7], einem Zugabeanteil der feinen Diabas-Gesteinskörnung mit Ecs35 von 50 M.-% sowie ein Bindemittelgehalt von 5,7 M.-% erfolgen. Derartige Asphaltdeckschichten sind, mit Bezug auf die ZTV Asphalt-StB 07/13 [8], Tabelle 1, insbesondere für (kommunale) Straßen der Belastungsklasse Bk3,2 bis Bk10 zweckmäßig. Die Untersuchungen umfassten dabei neben der Nullvariante ohne Zugabe insgesamt drei Asphaltvarianten mit viskositätsvermindernden Zusätzen, wobei eine zweifache Variation der organischen Zusätze (Varianten 0-1 und 0-2) und eine einfache Variation der mineralischen Zusätze (Variante M) erfolgte (vgl. Tabelle 1). Die „Zugabemenge bzw. -dosierung“ der viskositätsverändernden organischen und mineralischen Zusätze sowie die Herstellung der Labormischgute orientierte sich dabei grundsätzlich an den jeweiligen Hersteller Variantenbezeichnung Asphaltmischgutart und -sorte sowie Bindemittelart und -sorte Viskositätsverändernde organische bzw. mineralische Zusätze Herstellungstemperatur [°C] Referenzvariante Asphaltmischgut ohne Zusatz 145 ± 5 Variante O-1 Asphaltbetonmischgut für Asphaltdeckschichten AC 11 D S organischer Zusatz Nr. 1 115 ± 5 Variante O-2 mit 25/55-55A gemäß TL-Asphalt-StB 07/13 organischer Zusatz Nr. 2 125 ± 5 Variante M mineralischer Zusatz 135 ± 5 Tabelle 2: Übersicht der Untersuchungsvarianten sowie der minimalen Herstellungstemperaturen bei der Herstellung der Asphaltprobeplatten bzw. -probekörper im Rahmen der Untersuchungen 8|2023
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