12 Aktuell Im Gespräch „Wichtig ist, dass Nynas 2021 weiter im Geschäft bleibt“ Als Nynas in 2019 eine umfangreiche Umstrukturierung ankündigte, sahen einige in der Asphaltbranche bereits das Ende des Bitumenlieferanten gekommen. Aber das Unternehmen ging gradlinig seinen Weg und kämpfte sich aus der wirtschaftlichen Schieflage heraus. Wir sprachen mit Dr. Carl Robertus über Ursachen, Folgen und den Weg in die Zukunft von Nynas. asphalt: Herr Dr. Robertus, wie kam es dazu, dass Nynas in eine wirtschaftliche Schieflage geraten ist? Dr. Robertus: Die US-Sanktionen gegen den 50%igen Anteilseigner von Nynas, die venezolanische PDVSA, haben die Rentabilität von Nynas im Laufe der Zeit untergraben. Aufgrund der Eigentümerschaft von PDVSA ist Nynas seit August 2017 von den finanziellen Restriktionen der USA betroffen. Im Oktober 2019 wurde uns zudem der Kauf von Rohöl aus Venezuela untersagt. Infolgedessen hatten wir hohe finanzielle Einbußen und es entstand eine Situation, in der es keine kontinuierliche Finanzierung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens mehr gab. Infolgedessen hatte Nynas keine andere Wahl, als im Dezember 2019 eine Unternehmensumstrukturierung zu beantragen. Welche Schlüsse hat Nynas daraus gezogen? Der Reorganisationsprozess, ein formeller Prozess unter Aufsicht der schwedischen Gerichte, verfolgte drei Ziele: 1. Nynas von den US-Sanktionen zu befreien, 2. zu normalen Handelsbedingungen zurückzukehren und 3. die langfristige Finanzierung zu sichern. Während dieser Zeit haben wir versucht, die Kunden so weit wie möglich zu unterstützen, wobei wir uns natürlich bewusst waren, dass der Umgang mit Nynas zu Unsicherheiten in ihren Geschäften geführt hat. Wie haben Ihre Kunden reagiert? Die Kunden sind an vielen Fronten loyal geblieben und haben Nynas während der gesamten Umstrukturierungsphase unterstützt. Kurzfristig war es sowohl für unsere Kunden als auch für unsere Lieferanten schwierig, aber langfristig sehen wir gute Bedingungen für die Fortführung des Geschäfts. Nynas hat ein starkes Angebot mit einer guten Nachfrage auf dem Markt. Was ist gerade der „Stand der Dinge“? Die US-Sanktionen wurden im Mai 2020 aufgehoben. Dies war ein sehr wichtiger Meilenstein, der es uns ermöglichte, unter normaleren Handelsbedingungen zu operieren. Wir sind nicht länger durch die US-Sanktionsbestimmungen blockiert, und das Unternehmen konnte Rohöllieferungen vertraglich vereinbaren und Finanzierungen zu günstigeren Bedingungen aushandeln. Im Oktober wurden den Gläubigern von Nynas ein Vergleichsvorschlag sowie ein Bericht der Verwalter übermittelt. Dieser letzte Schritt, sobald er vereinbart und abgeschlossen ist, wird es Nynas ermöglichen, gestärkt aus dem Reorganisationsprozess hervorzugehen und das Unternehmen für die Zukunft zu positionieren. Unsere Raffinerien haben bei vielen Produkten die Umstellung von venezolanischen Rohölen auf andere Rohöle vollzogen, ohne dabei die hohen Standards zu vernachlässigen, die unsere Kunden von Nynas gewohnt sind. Wie geht es jetzt weiter? Ich gehe davon aus, dass Nynas seine Umstrukturierung abgeschlossen hat, wenn die Zeitschrift Asphalt in Druck geht. Damit schließt sich eine Zeit großer Unsicherheit ab, die unsere Kunden und Lieferanten erdulden mussten. Wichtig ist, dass sie unseren Kunden die Gewissheit geben wird, dass Nynas im Jahr 2021 und in den kommenden Jahren weiter im Geschäft bleibt. Natürlich haben wir aufgrund der Unsicherheiten in den letzten Jahren Kunden verloren, aber unsere Vision für die Zukunft bleibt die gleiche: der führende Bitumenpartner in Europa zu sein. Durch die Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen, Zuverlässigkeit und auf dem hohen Niveau, das die Kunden seit vielen Jahren gewohnt sind, werden wir hoffentlich ihr Geschäft und vor allem ihr Vertrauen zurückgewinnen können. Dr. Carl Robertus: „Ich bin sehr dankbar für die Kunden, Partner und Lieferanten, die in dieser turbulenten Zeit zu uns gehalten haben.“ (Quelle: Nynas) Wie lautet Ihr persönliches Fazit bisher? Wenn ich zurückblicke, habe ich in den letzten zwölf Monaten einen enormen Wandel innerhalb von Nynas auf vielen verschiedenen Ebenen erlebt. Ich bin sehr dankbar für die Kunden, Partner und Lieferanten, die in dieser turbulenten Zeit zu uns gehalten haben. Da sich die Welt mitten in der Bewältigung der anhaltenden Pandemie befindet, erwarte ich nicht, dass alles reibungslos abläuft. Aber ich freue mich darauf, weiterhin Teil einer Industrie zu sein, die zum Aufbau einer Infrastruktur beiträgt, in der jeder auf nachhaltige Weise eine reibungslose und sichere Fahrt haben kann. • Zur Person Dr. Carl Robertus kam 2015 als technischer Direktor zu Nynas. Seit diesem Sommer hat er auch die Position des General Manager für Nynas Bitumen in Westeuropa. Robertus war während seiner beruflichen Laufbahn immer aktiv an Eurobitume beteiligt und leitete Arbeitsgruppen und Ausschüsse. Unter anderem leitete er in der Anfangszeit die Gruppe für leistungsbezogene Spezifikationen, führte den Vorsitz im HSE-Ausschuss, war von 2007 bis 2015 Mitglied des Exekutivausschusses, war von März 2014 bis Juni 2015 Präsident von Eurobitume und ist seit 2018 der Vertreter von Nynas im Verwaltungsrat des Verbandes. 8|2020
Aktuell 13 8|2020
Technik 63 Angefangen vom 100 kg le
Einkaufsführer - Wer bietet was? 6
Zu guter Letzt 67 Kalender Straßen
Laden...
Laden...
Laden...