6 Aktuell KoA-Bit „Die Asphaltbranche macht sich wirklich lang“ Der Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS), ein Beratungsgremium des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), hat im November 2019 die Erarbeitung einer Branchenlösung zum Umgang mit dem neuen Arbeitsplatzgrenzwert gefordert, um eine Expositionsminderung zum Schutze der Beschäftigten hinsichtlich Dämpfen und Aerosolen aus Bitumen beim Einbau von Walz- und Gussasphalt zu erreichen. Als unmittelbare Folge davon wurde der sogenannte KoA-Bit gegründet. Von Martin Ziegenberg Vor rund einem Jahr fällte der AGS die Entscheidung, dass ein Arbeitsplatz grenzwert entsprechend den Empfehlungen der MAK-Kommission auf 1,5 mg/m³ festgesetzt wird. (Quelle: DAV/hin) Vor rund einem Jahr fällte der AGS die Entscheidung, dass ein Arbeitsplatzgrenzwert entsprechend den Empfehlungen der MAK-Kommission auf 1,5 mg/m³ festgesetzt wird, dieser wurde mit einer Übergangsfrist bis zum 31.12.2024 versehen und muss bis dahin nicht eingehalten werden. In dieser Zeit muss der Walz- und Gussasphaltbau gleichwohl Maßnahmen ergreifen, den Grenzwert zu erreichen bzw. das Expositionsniveau drastisch zu senken. Im Raum steht damit eine Art Selbstverpflichtung der Bauunternehmen, über technische Umrüstungen und Weiterentwicklungen bei Walzasphaltfertigern, Rührwerkskesseln und Gussasphaltbohlen und eine verstärkte Fokussierung auf die Einsatzmöglichkeiten von emissionsreduzierten Asphalten. Um eine koordinierte und abgestimmte Vorgehensweise und eine Positionierung der gesamten bitumenverarbeitenden Baubranche zu gewährleisten, wurde der Koordinierungsausschuss Bitumen im Walzund Gussaphaltbau – kurz: KoA-Bit – gegründet. Ihm gehören neben dem Deutschen Asphaltverband e.V. (DAV) der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. (HDB), der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB), die Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen e.V. (BVMB), die Beratungsstelle für Gussasphaltanwendungen e. V. 7|2020
Aktuell 7 (bga) sowie als ständiger Gast die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) an. Mit dem KoA-Bit haben wir ein schnelles und effizientes Gremium geschaffen, bei dem Bauunternehmen und Baustoffproduzenten an einem Tisch sitzen. Dabei stand schnell fest, dass es zur Erreichung des Ziels sowohl maschinentechnische Anpassungen als auch baustoffseitige Weiterentwicklungen geben muss. „Mit dem KoA-Bit haben wir ein schnelles und effizientes Gremium geschaffen, bei dem Bauunternehmen und Baustoffproduzenten an einem Tisch sitzen.“ Baustoffentwicklung Nachdem die Corona-Pandemie im Frühjahr dieses Jahres Messungen durch die BG Bau auf Baustellen zur Exposition gegenüber Dämpfen und Aerosolen aus Bitumen in den Bereichen Walz- oder Gussasphalt unmöglich gemacht hatte, sind die Arbeitsschützer seit Juni verstärkt unterwegs. 40 Messungen, 20 im Gussasphalt- und 20 im Walzasphaltbereich, hat die BG Bau zugesichert. Andere Messinstitute können zum heutigen Stand zwar herangezogen werden, ihnen fehlt jedoch die notwendige Akkreditierung für das durch die BG Bau angewandte Messverfahren. Der KoA-Bit ist immer auf der Suche nach Erprobungsstrecken, auf denen emissionsreduzierte Walz- oder Gussasphalte mit Walzasphaltfertigern mit Absaugevorrichtung bzw. modifizierten Gussasphaltbohlen und Rührwerkskesseln eingebaut werden und entsprechende Messungen vorgenommen werden können. Durch die Messungen der BG Bau entstehen den Bauunternehmen hierdurch keine Kosten. Derzeit befindet sich der KoA-Bit mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) in Gesprächen, eine bundesweite einheitliche Vorgehensweise und Risikoverteilung bei entsprechenden Erprobungsstrecken auf Bundesfernstraßen abzustimmen. Die Bereitschaft zur Erprobung von emissionsreduzierten Walz- und Gussasphalten ist auf kommunaler Ebene und im Bereich der Bundesfernstraßen nach Einführung des AGW gewachsen. Wichtig ist, dass die Unternehmen, die sich zu Messungen bereit erklären, sich an die Mitglieder des KoA-Bit wenden, da wir die zentrale Koordinierungsstelle sind. Dabei geht es nicht darum, Baustellen auszusortieren, sondern der KoA-Bit nimmt eine Priorisierung der eingehenden Baumaßnahmen vor, um die Aktivitäten der BG Bau so zielgerichtet wie möglich einzusetzen. Mit den bisher vorliegenden Ergebnissen können wir zufrieden sein. Die Messungen aus dem Sommer 2020 machen vorsichtig optimistisch, dass der Grenzwert bei den Arbeitern auf Walze und Be schicker bereits jetzt eingehalten werden kann. Beim Bohlengänger und beim Fertigerfahrer bedarf es noch eingehender Analysen der dokumentierten Randbedingungen, unter welchen Umständen der Grenzwert eingehalten werden kann oder welche Bedingungen zur Überschreitung führen. Daher ist für diese Arbeitsplätze aktuell noch keine abschließende und verlässliche Aussage möglich. Maschinentechnik Über die intensive Zusammenarbeit mit dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) kommt der KoA-Bit mit den Baumaschinenherstellern zusammen. Inzwischen gehören Absauganlagen bei der Mehrzahl der neu verkauften Asphaltstraßenfertiger zur Standardausstattung. Dennoch drängt der KoA-Bit weiter bei den Herstellern dieser Baumaschinen darauf, dass diese das Marketing für Absauganlagen verstärken. Denn nur wenn die Sensibilität gegenüber Dämpfen und Aerosolen aus Bitumen bei den Einbauteams erhöht wird – Information statt Panik –, kann flächendeckend ein Arbeitsplatzgrenzwert eingehalten werden. Auch beim Gussasphaltbau wurden maschinentechnische Entwicklungen zur Senkung der Dämpfe und Aerosole aus Bitumen weiter vo rangetrieben. So arbeiten beispielsweise die Hersteller von Rührwerkskesseln an einer ferngesteuerten Entnahmestelle. Diese hätte den Vorteil, dass die Arbeiter nicht mehr direkt den Emissionen ausgesetzt sind. Wichtig ist dabei, dass die Fernbedienung leicht und intuitiv herstellerunabhängig bedient werden kann. Deshalb wird auf Anregung aus dem KoA-Bit ein einheitliches Design für sie entwickelt, um eine Umgewöhnung der Arbeiter auf der Baustelle bei Wechsel der Herstellermarke auszuschließen. Zudem werden erste Gussasphaltbohlen mit Ventilatoren bestückt, die den Bediener von Dämpfen entlasten sollen. Eine Absauganlage stellte sich bei ersten Versuchen als bei Gussasphaltbohlen ungeeignet dar. Beim Einbau von Gussasphalt sollen die Dämpfe und Aerosole also vom Beschäftigten weggeblasen werden. Daneben haben Vertreter des KoA-Bit die Gründung der Ad-hoc- Gruppe 7.03 bei der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) begleitet und bereits zwei Forschungsvorhaben aus Mitteln des BMVI initiiert. Fazit Der Autor: Martin Ziegenberg, Vorsitzender des KoA-Bit und Leiter der Abteilung Verkehrsinfrastruktur – Straße im HDB. (Quelle: HDB) Die Asphaltbranche macht sich wirklich lang, um die erforderlichen Maßnahmen durchzuführen. Dabei hat der KoA-Bit seit seiner Arbeitsaufnahme bereits an einigen Stellen maßgebliche Impulse setzen können. Mit der BG Bau steht man derzeit in Gesprächen, um eine Branchenlösung, ähnlich wie sie bei den Staubbelastungen etwa beim Fräsen vorliegt, zu erzielen. Das beauftragte Handlungskonzept, wie die Asphaltbranche den Grenzwert einhalten möchte, ist fertiggestellt und soll dem AGS ab November 2020 vorgestellt werden. Es dient im Anschluss dem AGS als Monitoring-Instrument, die erzielten Fortschritte zu begleiten. • 7|2020
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