4 Aktuell Flow Move Mix „Ich bin ganz sicher Deutschlands größter Asphalt-Fan“ Heelys, Curfboards und mehr. Der Pädagoge weiß allerdings auch ganz genau, worauf es ankommt, denn rollende Fortbewegung funktioniert nicht auf jedem Untergrund. „Woran es jedoch allerorts mangelt, sind schlichte, asphaltierte Flächen, auf denen sich diese große Masse an rollspaßbegeisterten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen treffen, austauschen und kommunizieren könnten“, erläutert Richter. Dabei ist es ihm wichtig, dass er damit keine teuren Skateparks, die sich in vielen Kommunen als Prestige-Projekte „für die Jugend“ zum Selbstläufer entwickelt haben, meint. Denn bei genauem Hinsehen werden diese Parks lediglich von verhältnismäßig wenigen, sehr ambitionierten und talentierten Jungs genutzt. Mädchen hingegen sucht man dort in der Regel ebenso vergeblich wie den Großteil der rollenden Jungs. Richter ist davon überzeugt – und seine Gespräche mit Kindern und Jugendlichen geben ihm recht – dass das Gros der rollspaßbegeisterten Jugend mit den Skateparks gar nichts anfangen kann. Sie stellen lediglich eine durchaus sinnvolle Ergänzung zum Breitensport da. Richter kommt deshalb zu dem Schluss: „Ich bin wahrscheinlich Deutschlands größter Asphalt-Fan.“ Allerdings werden vielfach, vor allem im kommunalen Bereich, die Möglichkeiten, die sich aus einer glatten Asphaltfläche ergeben, nicht hinreichend erkannt. Der Frust über die örtlichen Sport-, Sozial- und Gesundheitsfachleute, die einfach nicht erkennen wollen, welches preisgünstige und motorisch wertvolle Gesundheits-Potenzial sich mit einer solchen Asphaltfläche anbietet, sitzt tief bei dem Sport- und Gesundheits-Pädagoge. Asphaltflächen bieten preisgünstiges und motorisch wertvolles Gesundheits-Potenzial, wie der Sport- und Gesundheits-Pädagoge Richter weiß. (Quelle: Richter) Was haben Asphalt, rund 1,5 Millionen Menschen und Fruchtsäfte gemeinsam? Alle drei Dinge sind Teil eines Projektes, das vor nun 30 Jahren seinen Anfang nahm. Flow Move Mix heißt das Konzept, bei dem Spaß, Musik, Bewegung und gesunde Ernährung im Vordergrund stehen. Wolfgang Richter, Sport- und Gesundheits-Pädagoge, ist der Erfinder des Projektes und hat es seit den Anfängen 1985 stetig weiterentwickelt. Richter ist sich sicher: „Durch das Mixen von etablierten Sportarten mit Trendsportarten, ganz neuen Moves, mit Musik und anschließend etwa frischem Obst oder Gemüse entsteht eine unbegrenzte Vielfalt an gesundheitsfördernden Aktionen.“ Die Erfahrung hat dem Pädagogen gezeigt, dass Kinder mit diesem Mix endlich Sportstunden erleben, die ihren unterschiedlichen Neigungen gerecht werden und mehr Spaß machen als „nur Fußball“ oder „nur Geräteturnen“. Besondere Bedeutung erlangt das Rollen auf glatten Asphaltflächen für Richter: „Wenn ich in den Schulen die Kinder frage, wer einen Fußball besitzt, melden sich rund 60 % der Kinder. Bei Rollgeräten sind es unglaubliche 99 % – demnach ist das Rollen ganz klar die liebste Bewegungsform“. Wo es nämlich früher nur Roller und Rollschuhe gab, bewegen sich die Kinder heute deutlich vielseitiger und geschickter auf Waveboards, Einrädern, Longboards, Penny-Boards, Xlidern, Wem bewegte und gesunde Kinder wichtig sind und wer dies mit geringsten Kosten realisieren möchte, der sollte sogenannte Flow Move Spots anbieten – große asphaltierte Freiflächen. Seine Forderungen an die Politik sind daher klar formuliert. Wem bewegte und gesunde Kinder wichtig sind und wer dies mit geringsten Kosten realisieren möchte, der sollte sogenannte Flow Move Spots anbieten. So nennt Richter große asphaltierte Freiflächen, eingefasst von Bäumen, Rasen und Bänken. Auf derartigen Asphaltflächen sieht der engagierte Sportpädagoge neben dem Rollspaß auch viele andere Aktionen wie beispielsweise Frisbee, Hula-Hoop, Basketball, Fußball, Tanz oder als Verkehrsübungsplatz – alles Aktivitäten, die auf einem herkömmlichen Skatepark nicht möglich sind. „Flow Move Spots kann man gut mit einer Eislauffläche vergleichen“, erläutert Richter, „wo die Menschen sich auch treffen, gemeinsam um die Bahn skaten und kommunizieren. Während jedoch bei Eislaufbahnen eine extrem teure und aufwendige Eisfläche erzeugt werden muss und diese dann ausschließlich mit nur einem Gerät, den Schlittschuhen, genutzt werden kann, braucht es für die Flow Move Spots und den 6|2018
Aktuell 5 tausend Aktionsmöglichkeiten eben nur eine schöne ebene Asphaltfläche.“ Die Rechnung, die Richter aufmacht, ist zumindest vielversprechend, denn wenn derartige Rollspaß-Flächen in den Kommunen als effiziente Gesundheitsförderung anerkannt würden, wären die rund 1,5 Millionen Teilnehmer, die Richter bisher erreichte, eine sehr geringe Zahl. „Dann sprechen wir – die Jugendlichen und Erwachsenen mit einbezogen – von 20 Millionen potenziellen Nutzern in Deutschland“, so Richter. Wenn sich dann aber „Crazy Wolfi“ – wie Richter von seinen jungen Teilnehmern liebevoll genannt wird – ankündigt, geht es rund: er kommt mit seinem Flow-Move- School-Bus – prall gefüllt mit über 300 Sportgeräten, einer karibisch-bunten Frucht-Bar, Dekorations-Elementen und Sound-Equipment. Völlig egal, ob in der Turnhalle, auf dem asphaltierten Schulhof oder jüngst auf einem Stück Straße innerhalb der Landesgartenschau in Würzburg – zwischen 350 und 1000 aktive Menschen sporteln, tanzen und rollen begeistert für den Flow über den Asphalt. Alle Kinder und Eltern sind dann pausenlos aktiv. Es gibt kein Rumstehen, kein Warten und keine Langeweile. Daneben erfahren sie, wie die einzelnen Rollgeräte funktionieren, wie die Hip-Hop-Schritte und der Hula-Hoop-Schwung mühelos gelingen. Außerdem darf natürlich jedes Kind zu solchen Events sein persönliches Lieblingsrollgerät mitbringen. So wird Richter trotz seiner 65 Jahre nicht müde, weiter durch das Land zu touren, kleine und große Kinder in Bewegung halten und mit Elan bemüht sein, die Kommunen vom besonderen Wert und der Notwendigkeit solcher asphaltierter Flächen zu überzeugen. KONTAKT Wolfgang Richter Sport- und Gesundheits-Pädagoge The Flow Move Mix by freshFANTASY gGmbH 86925 Fuchstal – Germany Frühlingstr. 7b info@flow-move-mix.com www.flow-move-mix.com INTERVIEW Fünf Fragen an Wolfgang Richter asphalt: Welche Grundidee steckt hinter dem Flow Move Mix? Der Flow als Basis dieses Konzeptes, also das persönliche Glücksempfinden bei und nach der sportlichen Anstrengung, ersetzt hier das klassische Bewertungs-System, wonach immer nur die Schnellsten und Besten auf Anerkennung hoffen dürfen. Wenn Gesundheit das Ziel des Sporttreibens ist, braucht es keine Spitzenleistungen und krasse Stunts, sondern moderate und regelmäßige Bewegung, die mit Freude und Leidenschaft einhergeht. Seit wann gibt es diese Veranstaltungsreihe? Richter: Die Bezeichnung Flow Move Mix gibt es erst ein paar Jahre, allerdings mixen wir den Kindern schon seit Vereinsgründung 1985 diesen besonderen Gesundheits-Cocktail und stoßen damit von Anfang an auf ungebremste Begeisterung. Ungeachtet dieser Begeisterung bei den Kindern sind wir allerdings noch immer Einzelkämpfer, weil es den Sportvereinen und Lehrplan-Entwicklern in erster Linie darum geht, Kindern stets die Bewegungs-Präferenzen der Erwachsenen anzubieten, anstatt endlich einmal zu fragen, wie denn die Kinder und ganz besonders die Mädchen selbst sich gerne bewegen würden. An so innovativen Entwicklungen wie seinerzeit Aerobic und Yoga oder dem neueren Cross-Training bzw. Parcours sehen wir, dass für Erwachsene viele Angebote entwickelt wurden, für Kinder jedoch alles beim Alten geblieben ist. Das sollte uns zu denken geben. Wie reagieren die Gemeinden/Schulen, wenn Sie sich über die örtlichen Asphaltflächen freuen? Richter: Leider – noch – überwiegend mit einer Mischung aus Verwunderung, Unverständnis, Desinteresse und manchmal auch Arroganz. Sehr häufig kommt das Argument: Die (Kinder usw.) können doch überall rollen, wozu eigene Plätze? Dann erkläre ich, dass das Rollen auf brüchigem Asphalt, mit Splitt, Glasscherben, Ästen und womöglich Verkehr nicht nur gefährlich ist, sondern auch den Blick permanent auf den Boden zwingt, um Stürze zu vermeiden. Deswegen habe ich noch viel zu tun in Sachen Aufklärung und sollte meine Strategien dringend professionalisieren. Wolfgang Richter, Sport- und Gesundheits-Pädagoge: „Ich bin ganz sicher Deutschlands größter Asphalt-Fan.“ Erleben Sie einen nachhaltigen Effekt bei den Teilnehmern? Richter: Ich bekomme Tausende E-Mails und auch klassische Briefe von Kindern und Eltern, die mich immer wieder ermuntern, nicht aufzugeben, an dem Ziel weiterzuarbeiten. Sie schildern immer wieder ihre schönen, aktiven Erlebnisse, für die ich offenbar auch Auslöser war. In den über 200 Schulen, die ich besucht habe und zu denen ich auch immer wieder eingeladen werde, wird der Flow Move Mix nun auch von den Pädagogen vor Ort mehr und mehr im meinem Sinne betrachtet. Welche Unterstützung brauchen Sie? Richter: Anregungen und Austausch mit Asphalt-Fachleuten, die ja größtenteils selbst Kinder haben/hatten, aber eben auch das nötige Fachwissen – und ganz ehrlich suche ich nach möglichst konstanter finanzieller Unterstützung für Zeit und Sprit, um die Behörden und relevanten Entscheider effektiver aufklären und beraten zu können. Aber auch, um meine auffälligen und fröhlichen Aktionen in diesem Zusammenhang ausbauen zu können. 6|2018
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