40 Technik „Röntgenaugen“. Sie können die Höhenlage der einzelnen Schichten nicht erkennen. Als Faustregel gilt: Ist die Frästiefe 5 mm geringer als die im Deckenbuch angegebene Schichtdicke, ist das Fräsgut sortenrein. In den Niederlanden werden insbesondere die 5 cm dicken Asphaltdeckschichten des Drainasphalts seit geraumer Zeit separat gefräst. Die Erfahrungen sind durchweg gut. Allgemein hat sich gezeigt, dass sich eine saubere Zustandserfassung im Vorfeld, die verlässliche Aussagen über die Schichtdicke erlaubt, positiv auf die Qualität auswirkt. Der Zeitaufwand beim selektiven Ausbau ist übrigens nur unwesentlich höher als beim Vollausbau in einem Übergang, da die Maschinen beim Fräsen dünnerer Schichten deutlich schneller fahren. Hauptgrund für den erhöhten Zeitbedarf: Die Maschinen überfahren jede Stelle 2- oder 3-fach statt einfach und müssen dazu immer wieder zurücksetzen. Die Erfahrung zeigt, dass die Fräsdienstleister für das Fräsen in zwei Schichten (z. B. 12 cm Asphaltdeck- und -binderschicht und 18 cm Asphalttragschicht) mit derselben Anzahl an Maschinen wie beim Vollausbau ca. 10 bis 15 % mehr Zeit benötigen. Auch die Mehrkosten für das lagenweise Fräsen sind überschaubar. Im Vergleich zum Vollausbau sind es 15 bis 20 %, die bei den Kosten für den Gesamtprozess aufgrund der Einsparung neuer Gesteinskörnung meistens kompensiert werden. Die Gesamtwirtschaftlichkeit ist also gegeben. Beim Fräsen der ca. 4 cm dicken Deckschicht arbeiten sich 2-m-Fräsen mit einer Geschwindigkeit von rund 15 m/min durch den Belag. Damit befüllen sie einen 4-Achs-Lkw in nur 3–4 Minuten. Ein ganz anderer Aspekt freut die Lkw-Fahrer: die Fräskanten sind weniger hoch. Daher können die Lkw zum Abtransport des Fräsguts auf der Baustelle deutlich einfacher fahren und manövrieren. Nicht zuletzt haben die ausschreibenden Stellen es in der Hand, diese Vorgehensweise zu stärken. Sie können gemeinsam mit den Straßenbaufirmen als direkte Auftraggeber der Fräsdienstleister durch konsequentes Ausschreiben und Umsetzen die Voraussetzungen für eine hohe Recyclingquote schaffen. Die Technik und das Know-how sind im Markt vorhanden. Dem vermehrten selektiven Fräsen zum Zwecke des Recyclings des hochwertigen Ausbauasphalts steht also technisch nichts im Wege – es muss nur beauftragt und umgesetzt werden. • Beim selektiven Fräsen arbeiten die Kaltfräsen präzise im Millimeter-Bereich wie hier beim Abtrag einer Deckschicht. AUTOR VESF – Verband Europäischer Straßenfräsunternehmungen e.V. Jutta Dietz Tel.: 02636 9419118 info@vesf-ev.com 6|2018
Technik 41 Schnell sanieren, wenig transportieren Kaltrecycling statt Baustoff-Tourismus: Funktionsprinzip des Mixpavers für das Kaltrecycling in situ. [Von Andreas Tiemann] „Baustoff hin – Baustoff her, das macht die Taschen schneller leer“ – so könnte man einen Spruch aus dem Aktienhandel auf den Straßenbau adaptieren, denn oft werden Baustoffe für den Straßenbau ohne Not transportiert. Viele Straßen könnte man sanieren, ganz ohne Ausbau der Fahrbahn, Abtransport des Fräsgutes und Einbau einer neuen Tragschicht. Die Alternative gibt es schon lange: das Kaltrecycling. Diese Bauweise kommt mit wenigen Materialtransporten aus, ist schnell, umweltfreundlich und schont die Kassen. Und hat sich bundesweit auf Autobahnen, Landstraßen jeder Größenordnung und sogar auf Stadtstraßen bewährt. „vor Ort“, wird die vorhandene Fahrbahn an Ort und Stelle recycelt. Statt den vorhandenen Asphalt zu fräsen, abzutransportieren und eine Fahrbahn aus neuem Mischgut aufzubauen, wird das Material vor Ort mit Zusatzkörnung und Bindemitteln ergänzt, neu gemischt und wieder eingebaut. Der – oft intakte – Unterbau wird bei diesem Verfahren nicht beeinträchtigt. Der Prozess ist unkompliziert: Im ersten Schritt wird der Fahrbahnbelag mit einer Fräse granuliert. Darauf werden Zement und Zusatzkörnung verteilt. Menge und Art der Mineralstoffe, Bindemittel und Wasser ergeben sich aus der Eignungsprüfung, die im Vorfeld für jedes Projekt unter Berücksichtigung der angestrebten Belastungsklasse erstellt wird. Unmittelbar im Anschluss folgt das eigentliche Kaltrecycling, den die Heinz Schnorpfeil Bau GmbH mit ihrem Kaltrecycler, auch Mixpaver genannt, ausführt. Dieses eigens hierfür entwickelte „3-in-1-Gerät“ vereint Fräse, Asphaltmischer und Bohle in einer Maschine. Darin wird der vorab granulierte Belag von Fräswalzen im vorderen Gründe für einen „transportarmen“ Bauprozess gibt es viele. Einer der wichtigsten: die Ressourcen im Straßenbau wachsen nicht nach. Der schonende Umgang mit diesen Rohstoffen ist also mehr als nötig. Und weil es immer weniger Gewinnungsstellen gibt, müssen neue Gesteinskörnungen über weite Strecken antransportiert werden. Alleine das belastet unsere Straßen über Gebühr. So schlägt jeder Lkw-Kilometer mit der 16.000-fachen Last im Vergleich zu einem Pkw zu Buche. Nicht zuletzt ist Deponieplatz für den Ausbauasphalt bei vielen Mischwerken Mangelware – ebenso wie die Transportkapazitäten am Bau. Beim Kaltrecycling „in situ“, das bedeutet Das 3-in-1-Gerät von Schnorpfeil mit vorgeschaltetem Wasserwagen beim Kaltrecycling des Unterbaus einer typischen Landesstraße. Dahinter verdichtet eine Tandemwalze den aufbereiteten Fahrbahnbelag. 6|2018
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