42 Technik 3D-Fräsen Wirtschaftlich und hochwertig Beim Fräsen von Fahrbahnen entsteht ganz automatisch die Basis für den Aufbau neuer Verkehrsflächen. Dabei fällt mit der Wahl der Fräsbzw. Nivelliermethode auch eine Entscheidung über die Ebenheit und damit die Qualität der späteren Fahrbahndecke. Das 3D-Fräsen hat sich in den vergangenen Jahren als ideale Methode herauskristallisiert, insbesondere wenn Flächen grundlegend neu profiliert werden sollen, oder wenn das Entwurfsprofil viele Änderungen in Lage oder Neigung aufweist. Von Dipl.-Ing. Jutta Dietz (VESF) Wenn moderne Kaltfräsen mit 3D-Nivellierung arbeiten, weisen die Fräsflächen selbst in komplizierten Fällen eine Präzision im Millimeterbereich auf. Auf dieser Basis können die darüber liegenden Asphaltschichten in konstanter Dicke eingebaut werden. Das bringt mehrere positive Begleiteffekte im Hinblick auf die Qualität und Langlebigkeit der Asphaltdecke mit sich. Dazu kommen wirtschaftliche Aspekte: Oft sinken die Gesamtkosten, denn das Setzen von Leitdrähten entfällt und es werden erhebliche Massen an Mischgut eingespart. In der Praxis haben sich zwei Technik-Konzepte für das 3D-Fräsen am Markt durchgesetzt. Beide haben Stärken, unterscheiden sich aber in den Details. Die nachfolgende Zusammenstellung beleuchtet den Prozess beim 3D-Fräsen mit Blick auf die Unterschiede zwischen den Lösungen. 1. Digitales Geländemodell erstellen Die Bestandsaufnahme ist der erste Schritt, um ein digitales Geländemodell für das Fräsen zu entwerfen. Die Bestandsaufnahme muss im Vorfeld der Baumaßnahme mit entsprechend Vorlauf erfolgen. Die Praxis zeigt, dass es sinnvoll ist, dafür Vermessungsteams mit Erfahrung im 3D-Fräsen zu involvieren. Die beiden gängigen Verfahren sind a) Vermessung der Fläche mit Totalstation Basis ist das Erfassen der Bestandsfläche mit Totalstationen. Diese Arbeit erfordert mitunter kurzzeitige Sperrungen der Fahrbahn. Aus den ermittelten Daten entsteht eine Beschreibung der Bestandsfläche in absoluten Koordinaten. Daraus wird das digitale Geländemodell der Entwurfsfläche entwickelt. Sie beschreibt jeden Punkt der Fräsfläche im Raum in absoluten Koordinaten. b) Scan-Fahrten Scan-Fahrzeuge fahren die zu sanierende Fläche mehrfach und mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten ab. Das kann im fließenden Verkehr erfolgen. Aus den ermittelten Daten entsteht eine Punktewolke, die das bestehende Gelände beschreibt. Diese Punktewolke kann durch die Aufnahme von Referenzpunkten auch auf absolute Koordinaten bezogen werden. Daraus wird das digitale Geländemodell der Entwurfsfläche entwickelt. Sie beschreibt jeden Punkt der Fräsfläche relativ zum Bestand. Sofern Referenzpunkte mit aufgenommen wurden, beschreibt das Modell die Fräsfläche auch in absoluten Koordinaten. 2. Fräsen Mittlerweile sind viele Kaltfräsen mit Schnittstellen ausgerüstet, über die das 3D-System alle für die 3D-Steuerung notwendigen Informationen an die Maschinensteuerung übermittelt. Damit „weiß“ die Maschine immer, an welcher Stelle sie wie tief fräsen muss. Für die Ermittlung des Standortes der Fräse gibt es wiederum zwei Möglichkeiten: a) Standortermittlung mit Total station Während des Fräsens wird ein Prisma auf der Fräse von einer Totalstation mit automatischer Zielerkennung verfolgt. Die Position des Prismas dient als Referenz für die Sollhöhe der gefrästen Fläche. Verändert die Fräse ihre Position, verfolgt die Totalstation automatisch das Prisma und ermittelt kontinuierlich dessen Lage im Raum. Die Totalstation sendet diese Information per Funk an den Systemcomputer auf der Fräse. Diese Technik arbeitet unabhängig vom GPS-/GNSS-Empfang, funktioniert deshalb Beispiel 1: Rennstrecke in Silverstone (UK) Die Rennstrecke wurde 2020 neu profiliert. Dabei mussten Überhöhungen und Gefällewechsel an einigen Stellen gezielt verändert werden. Der britische Fräsdienstleister NRP setzte dazu das System Topcon mit 2 GPS-/ GNSS-Empfängern ein, zu erkennen an einem Bügel über dem Bedienstand. (Quelle: NRP) 4|2021
Technik 43 auch in Tunneln, in Waldpassagen o. Ä. Allerdings ist beim Fräsen immer eine Sichtverbindung zwischen Prisma und Totalstation (Reichweite ca. 150-m-Radius) nötig. Deshalb sollte der Baustellenverkehr so organisiert werden, dass er den Sichtkontakt nicht stört. b) Standortermittlung mit GPS-/GNSS-System Während des Fräsens ermittelt der GPS-/ GNSS-Empfänger auf der Maschine deren Position und übermittelt die Daten an den Systemcomputer auf der Fräse. Beim Fräsen ist ein Sichtkontakt zu GPS-/ GNSS-Satelliten nötig – das kann in Tunneln, in Waldgebieten oder zwischen Hochhäusern schwierig bis unmöglich sein. Bei der Reichweite gibt es keine Einschränkungen; sie ist unbegrenzt. Zudem funktioniert das System auch problemlos, wenn mehrere Maschinen in einem Projekt arbeiten. Auch Baustellenverkehr stört den Prozess nicht. Auch bei der Datenverarbeitung im 3D-System unterscheiden sich die am Markt verfügbaren Lösungen: Bei einigen vergleicht das 3D-System die Messdaten der Totalstation mit dem Geländemodell und überträgt die absolute Abweichung zwischen der tatsächlichen und der vorgegebenen Frästiefe an die Maschinensteuerung. Andere Konzepte übertragen für jeden vom GPS-/GNSS-System ermittelten Punkt die Differenz zwischen Bestands- und Entwurfsfläche an die Maschinensteuerung. Letztlich müssen die Planerinnen und Planer bei jeder Baumaßnahme anhand der Umgebungsbedingungen, der Komplexität der Fräsfläche und der gewünschten Genauigkeit prüfen, welche 3D-Methode für das jeweilige Projekt geeignet ist. Der VESF ist gerne bereit, bei konkreten Fragestellungen die Erfahrungen zu teilen. Beispiele Der Markt der Systemanbieter und Vermessungs-Dienstleister hat sich in diesem Bereich in den vergangenen Jahren dynamisch entwickelt. Daher gibt es mittlerweile für viele spezielle Anforderungen gut erprobte Lösungen. Die folgenden Beispiele zeigen das Spektrum der Möglichkeiten und vermitteln einen Eindruck von den sehr verschiedenen Randbedingungen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Entsprechend kamen dabei verschiedene Systeme zur 3D-Nivellierung zum Einsatz. Beispiel 2: Rennstrecke in Zandvoort (NL) Bei der Neuprofilierung der Rennstrecke in Zandvoort (NL) ging es darum, die Überhöhungen und Gefällewechsel neu zu gestalten. Die Arbeiten wurden ausgeführt vom niederländischen Fräsdienstleister Freesmij, der das System RoadProfiler eingesetzt hat. Dieses Produkt arbeitet mit einem GPS-/GNSS-Empfänger am Drehkranz des Ladebandes (siehe Detail). (Quelle: Freesmij) Der Staubbefeuchtungsmischer DUSTFIX Für Asphaltfüller, Gesteinsstaub und andere Füllstoffe von 10-80 m³/h. Ohne Staub sieht‘s besser aus. Mehr Informationen auf www.mapgmbh.com 4|2021
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