32 Schwerpunkt: Rejuvenatoren Abbildung 1: Flussdiagramm zum Untersuchungsprogramm vorliegenden Verwertungskonzept für Recyclingbau stoffe und industrielle Nebenprodukte [4] [5] zu verbinden. Ziel des Verwertungskonzeptes ist es, die Einsatzmöglichkeiten aufzuzeigen und damit beispielsweise eine Reduzierung des Verbrauchs natürlicher Rohstoffe wie Gestein und Erdöl (Bitumen) zu bewirken sowie eine Verringerung des Energiebedarfes für die Erneuerung bzw. Instandsetzung von Straßen, da der Anteil der Rohstoffgewinnung, die „Veredelung“ und lange Transportwege entfallen. Gleichzeitig wird eine gute Qualität gefordert. Gute Qualität ermöglicht beispielsweise eine längere Nutzungsdauer und weniger Eingriffe, weniger Materialbedarf, bessere Gebrauchseigenschaften des Asphalts, weniger Kraftstoffverbrauch und geringeren Reifenverschleiß, „leisere Rollgeräusche“, weniger Schadstoffe durch kontinuierlicheren Fahrtverlauf, weniger Verlustzeiten in den Wegeketten etc. Insgesamt werden die direkten und indirekten Kosten des Baus und der Erhaltung von Straßen also verringert. Daher schien es naheliegend, der Frage nachzugehen, wie der Anteil an Asphaltgranulat im Mischgut erhöht werden kann, ohne die Substanz- und Gebrauchseigenschaften der fertigen Asphaltschicht zu verschlechtern. Ebenfalls ist es wichtig, dass die Wiederverwendung des Asphaltes künftig auch weiterhin gegeben ist. Zur Beantwortung der oben genannten Frage sind in Münster Pilotprojekte durchgeführt worden. Diese werden im Folgenden näher beschrieben. Die wesentlichen Ergebnisse sind ebenfalls dargestellt. Pilotprojekte Gemeinsam mit dem Amt für Mobilität und Tiefbau der Stadt Münster wurden für die Realisierung der Praxisversuche die Straßen „Beldensnyderweg“ mit einer Einbaufläche von ca. 500 m² und der Bohlweg mit einer Fläche von ca. 2000 m² als Erprobungsstrecken für den Rejuvenator „Additiv 2.0“ ausgewählt. Im Zuge der Erneuerung der Asphaltdeckschicht war für den Beldensnyderweg eine Asphaltdeckschicht aus AC 8 D S mit dem Bindemittel 25/55-55 A und für die Erneuerung der Asphaltdecke des Bohlwegs eine Asphaltdeckschicht aus AC 8 D S mit dem Bindemittel 25/55-55 A und eine Asphaltbinderschicht aus AC 16 B S mit 30/45 geplant. Vorrangiges Ziel bei der Umsetzung der Erprobungsstrecken war es u. a., die Wirkung des Rejuvenators unter realen Herstellungs- und Einbaubedingungen an zwei unterschiedlichen Asphaltmischgütern (AC 8 D S und AC 16 B S) festzustellen bzw. die im Vorfeld labortechnisch ermittelten Ergebnisse entsprechend zu validieren. Da rüber hinaus ergibt sich an dieser Stelle die Möglichkeit einer wissenschaftlichen Langzeitbeobachtung unter realen Verkehrs- und Witterungsbedingungen. Grundvoraussetzung für den Einsatz des Rejuvenators war an dieser Stelle ein möglichst hoher Anteil an Asphaltgranulat im Asphaltmischgut und ein entsprechend ausreichend stark gealtertes Bitumen im Asphaltgranulat. Zur Generierung direkter Vergleichsmöglichkeiten sollte planmäßig jeweils von jeder Asphaltmischgutsorte eine Variante mit und ohne den Rejuvenator bei ansonsten gleicher Zusammensetzung hergestellt werden. Hierbei ist allerdings anzumerken, dass nur die Varianten mit dem Rejuvenator in die Erprobungsstrecken eingebaut wurden. Die unmodifizierten Varianten fanden ausschließlich für die labortechnischen Vergleichsuntersuchungen Verwendung. Neben den klassischen Kontrollprüfungen im Sinne der ZTV Asphalt-StB 07/13 wurden anhand der jeweils am Mischwerk bzw. auf der Baustelle entnommenen Mischgutproben weitergehende labortechnische Untersuchungen auf Bitumenbasis bzw. anhand von Performance-Prüfungen am Asphalt durchgeführt. Das Untersuchungsprogramm ist schematisch in Abbildung 1 dargestellt. Zusammensetzung der Asphaltmischgüter Für die beiden Asphaltmischgutarten kamen jeweils unterschiedliche Asphaltgranulate zum Einsatz. Im Rahmen der Erstellung der beiden Erstprüfungen konnte jeweils ein Zugabeanteil von 50 % Asphaltgranulat realisiert werden. Die im Rahmen der Voruntersuchungen festgestellten Erweichungspunkte Ring und Kugel lagen beim AGAC8DS bei 72 °C und beim AGAC16BS bei 71,8 °C. Im Rahmen von Voruntersuchungen (physikalisch und rheologisch) konnten keine Additive in Form von Wachsen nachgewiesen werden, sodass von einem erhöhten RuK-Wert infolge natürlicher Alterungsprozesse ausgegangen werden konnte. Nach den TL-AG-StB 09 bzw. den M WA 2009/2013 ist der Grenzwert von 70 °C (Mittelwert) somit grundsätzlich erst mal überschritten. Aufgrund der hohen Zugaben an Asphaltgranulat lag das Verhältnis von Frischbitumen zu Altbitumen beim AC 8 D S bei ca. 50,5 % zu 49,5 % und beim AC 16 B S bei ca. 44,4 % zu 55,6 %, sodass sich das Altbitumen entscheidend auf die resultierenden Bitumen- und Asphalteigenschaften auswirkt. Die Zugabe eines geeigneten Rejuvenators erscheint somit an dieser Stelle sinnvoll. 4|2019
Schwerpunkt: Rejuvenatoren 33 Mit den Kenntnissen aus den (rheologischen) Voruntersuchungen zum Wirkungsgrad des Rejuvenators wurde im Rahmen der Erstprüfung für den AC 8 D S eine Zugabe des Additivs 2.0 von 1,5 M.-% und für den AC 16 B S von 1,75 M.-% jeweils bezogen auf den Gesamtbindemittelanteil festgelegt. Gerade im Hinblick auf die Gefahr einer Überdosierung eines hocheffektiven Rejuvenators und der Folge einer Unterschreitung der vorgegeben Sortenspanne des Zielbindemittels, müssen vor allem die vorkommenden Schwankungen des Asphaltgranulats (speziell Bindemittelanteil und -kennwerte) zwingend bei der Festlegung der Zugabemenge eines Rejuvenators mit einbezogen werden. Grundsätzlich muss an dieser Stelle, u. a. aufgrund der noch fehlenden Erfahrung und der zusätzlichen Untersuchungen beim Einsatz von Rejuvenatoren, in jedem Fall zusätzliche Zeit für die Erstellung der Erstprüfung seitens der Auftraggeber und Auftragnehmer mit eingeplant werden. Bautechnische Umsetzung der Erprobungsstrecken Die bautechnische Umsetzung am „Beldensnyderweg“ erfolgte am 17.11.2017 bei etwa 12 °C Außentemperatur und Sonnenschein. Das visuell begutachtete Asphaltmisch gut lag bei Anlieferung auf den Transportfahrzeugen jeweils in einem abgeflachten Mischgutkegel vor und zeigte sich gleichmäßig schwarz umhüllt und schwach glänzend. Das Asphaltmischgut wies zudem keine Entmischung auf dem Transportfahrzeug und beim Abkippen in den Fertigerkübel auf. Die bei der Anlieferung gemessen Temperaturen lagen im Bereich zwischen 160 °C und 170 °C. Im Rahmen der Eigenüberwachung wurde die Verdichtungsleistung mittels Troxler-Isotopensonde baubegleitend überprüft. Die Abbildung 2 zeigt in diesem Zusammenhang entsprechende Impressionen vom Einbau und der fertigen Leistung. Der Einbau der neuen Asphaltdeckschicht aus AC 8 D S und der Asphaltbinderschicht AC 16 B S bei der Baumaßnahme „Bohlweg“ erfolgte in der Nacht vom 24. auf den 25.11.2017 (Abbildung 3). Laut den Berichten der Einbaufirma und den durchweg positiven Ergebnissen der Eigenüberwachung und der Kontrollprüfungen konnte kein negativer Einfluss durch den hohen Anteil des eingesetzten und stark gealterten Asphaltgranulats beim Einbau festgestellt werden. Im Rahmen beider Baumaßnahmen wurden je Asphalt Sorte jeweils 20 Mischguteimerproben für weitere labortechnische Untersuchungen entnommen. Zusätzlich wurden am Asphaltmischwerk sowohl Proben des eingesetzten Asphaltgranulats als auch des hergestellten Asphaltmischguts ohne Rejuvenator gewonnen. Abbildung 2: Impressionen vom Einbau und der fertiggestellten Asphaltdeckschicht im Rahmen der Baumaßnahme Beldensnyderweg. 4|2019
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