18 Schwerpunkt: FTIR-Spektroskopie für Asphaltgranulat Abbildung 1: Messprinzip der FTIR/ATR-Spektroskopie. Die über die im IR-Licht enthaltenen Wellenzahlen aufgezeichnete Energieabsorbanz wird als Absorbanzspektrum dargestellt. Hohe Absorbanzen bei bestimmten Wellenzahlen treten auf, wenn chemische Bindungen, welche bei diesen Wellenzahlen Resonanzschwingungen aufweisen, in der Probe enthalten sind. So kann die Probe anhand des IR-Spektrums charakterisiert werden. Bei Anwendung der FTIR-Spektroskopie in Verbindung mit der abgeschwächten Totalreflexion (ATR) ist es möglich, Feststoffe und Flüssigkeiten zu analysieren. Hier erfordert die Messung einen direkten Kontakt der Probe mit dem ATR-Kristall (Gottwald & Heinrich, 1998). Abbildung 1 zeigt das Messprinzip der ATR/FTIR-Spektroskopie. Ein wesentlicher Vorteil der FTIR ist, dass nur ein kleines Volumen des untersuchten Materials benötigt wird, um in hoher Qualität zu messen. Dies ermöglicht die Anwendung eines modifizierten und schnellen Bitumenextraktionsverfahrens, das die benötigte Menge an Lösungsmitteln weiter reduziert. Die in den DIN 51451 behandelten Messgrundlagen für die spektroskopische Messung und Auswertung von Rohölprodukten können auch auf bituminöse Bindemittel angewendet werden. Das Dokument beschreibt unter anderem verschiedene Verfahren für Probenvorbereitung, Messung, Auswertung und Präzision der ATR/ FTIR-Spektroskopie. Das Dokument beinhaltet alle Grundlagen, um die FTIR-Spektroskopie als Analysetechnik für Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel in die Praxis zu überführen (DIN). Die FTIR-Analytik ist zudem in mehreren FGSV-Regelwerken als Werkzeug der Qualitätssicherung von Bauprodukten verankert (FGSV, 2021, 2022a, 2022b). Wissenschaftlich wurde die FTIR-Untersuchung von Bitumen bisher in mehreren Publikationen behandelt. So gibt es bereits ein umfangreiches Wissen über verschiedene in Bitumen enthaltene Stoffe und Molekülgruppen, die identifiziert werden können. Carbonyle und Sulfoxide entstehen bei der Oxidation von Bitumen und können als Alterungsprodukte interpretiert werden. Weiterhin kann das Vorhandensein von Polymeren im Bitumen nachgewiesen werden. Die am häufigsten verwendeten Bitumenadditive SBS können durch Styrol- und Butadien- Peaks in den FTIR-Spektren nachgewiesen werden (Hofko et al., 2018; Tarsi et al., 2018; Zofka et al., 2015). Weigel führte in ihrer Dissertation Untersuchungen zu verschiedenen Bindemitteln, Modifizierungen und Alterungszuständen durch. An insgesamt 90 Bindemitteln wurden verschiedene Auswerteverfahren erprobt und Korrelationen ermittelt. Mit dem entwickelten Verfahren ist es möglich, schnell relevante Eigenschaften und die Zusammensetzung eines Bindemittels zu bestimmen (Weigel, 2018). Zur Untersuchung von Asphaltgranulaten wurde die ATR/FTIR-Spektroskopie an rückgewonnenen Bindemitteln durchgeführt (Gehrke et al.). Abbildung 2 zeigt beispielhaft drei Spektren und für die Auswertung relevante Bereiche zur Detektierung von SBS-Modifikation und Alterungszustand. Im Rahmen des hier vorgestellten Forschungsprojektes wurde untersucht, wie das Prüfverfahren für den Einsatz am Asphaltmischwerk für die Schnellanalyse von angelieferten Straßenausbaustoffen zur Identifikation von teer-/pechhaltigen Bindemitteln sowie die Wiederverwendung beeinflussenden Asphaltkomponenten weiterentwickelt werden kann. Aufbau einer Spektrendatenbank Referenzdaten Die FTIR-Analyse erlaubt den Abgleich des gemessenen Spektrums einer untersuchten Probe mit Spektren bekannter Stoffe. Durch den Vergleich gemessener Spek- Abbildung 2: Beispielhafte Darstellung eines 50/70-Bitumens, eines SBS-modifizierten Bitumens und eines 7xRTFOT gealterten Bitumens. 3|2023
Schwerpunkt: FTIR-Spektroskopie für Asphaltgranulat 19 tren mit bereits bekannten Daten kann die Genauigkeit und Zuverlässigkeit neu entwickelter Mess- und Auswertemethodik überprüft werden. Daher wurde eine Spektrendatenbank erstellt, in die zunächst bereits veröffentlichte Daten eingepflegt wurden. Insgesamt konnten 120 Spektren von frischen und im Labor gealterten Bindemitteln aus zwei Forschungsprojekten (Gehrke et al.), (Stephan & Weigel, 2018) in die Datenbank eingepflegt werden. Untersuchung bekannter Stoffe Für die Ergänzung der Datenbank wurden weitere bekannte Stoffe mittels FTIR/ATR untersucht und deren Spektren in die Datenbank eingepflegt. Hierzu wurden die Spektren 32 verschiedener Bitumenproben unterschiedlicher Art, Sorte und Provenienz, 24 Asphaltadditive sowie die Proben von 16 EPA-Referenz-PAK sowie zweier Phenole bestimmt und eingepflegt. Für die Messungen wurde ein Bruker-Alpha-2-Spektrometer in Kombination mit einem ATR-Modul mit Diamantkristall verwendet. Der Messbereich reicht von 4000 cm -1 bis 400 cm -1 bei einer Auflösung von 4 cm -1 . Bei der Messung wurden die Stoffe direkt auf die Oberfläche des ATR-Kristalls aufgetragen und bei Bedarf mittels Probenhalter fixiert. Für jede Messung wurden an fünf Teilproben des Materials insgesamt drei Einzelscans durchgeführt. Zur Auswertung kommt das durch Ausreißer bereinigte mittlere FTIR-Spektrum. Aufbereitung und Messung von Ausbauasphalten Proben Für die Entwicklung eines Mess- und Auswerteverfahrens zur FTIR/ATR-Analyse von Ausbauasphalten wurden 50 Ausbauasphalte mit bereits vorbestimmten PAK-Belastungen zwischen 23 mg/kg und 8.000 mg/kg sowie 16 unbelastete Asphaltgranulatproben beschafft. Die PAKhaltigen Proben teilen sich hierbei in Bohrkernproben und Granulatproben auf, wobei die Bohrkernproben eine große Inhomogenität aufwiesen. Probenaufbereitung Extraktion und Rückgewinnung In den bisher durchgeführten Forschungsvorhaben wurden FTIR-Analysen an gemäß TP Asphalt-StB, Teil 1 und 3 rückgewonnenen Bitumen durchgeführt. Dies erfordert zunächst die Extraktion des Bitumens durch ein Lösungsmittel, um es von den verwendeten Gesteinen zu trennen, und anschließend die Rückgewinnung des Bindemittels durch Destillation des Lösungsmittel-Bitumen-Gemisches. Dieses Verfahren ist aufgrund einer Extraktionszeit von über 90 Minuten für eine praxistaugliche, schnelle Analyse einer AG-Probe nur bedingt geeignet, wurde aber dennoch zur Validierung der im Rahmen des AiF-Forschungsprojektes angewandten Probenaufbereitungsverfahren durchgeführt. Um eine AG-Probe schneller untersuchen zu können, wurden die im Folgenden beschriebenen Probenvorbereitungsmethoden für eine direkte Messung des Asphaltgranulates sowie für ein schnelles Lösen des Bindemittels entwickelt und evaluiert, siehe Abbildung 3. Direkte Messung von AG-Partikeln Die einfachste Probenvorbereitungsmethode ist die direkte Messung, bei der das AG visuell untersucht wird, um Bereiche mit hohen Bitumenanteilen zu identifizieren. Diese Bereiche wurden an der ATR-Kristallplatte platziert und mit einem definierten Druck gemessen. Messung von AG-Mörtel Das AG wurde bei 20 °C zerkleinert und gesiebt. Der Anteil < 2 mm wurde mittels FTIR-ATR durch Anwendung eines definierten Drucks auf den ATR-Kristall analysiert. Verdichtete Proben von AG-Mörtel Das AG wurde bei 20 °C zerkleinert und gesiebt. Der Anteil < 2 mm wurde zu einer zylindrischen Probe gepresst und Abbildung 3: Entwickelte Mess- und Extraktionsverfahren (a. Direkte Messung, b. Messung von AG Mörtel, c. Verdichtete Proben von AG Mörtel, d. Extraktion und Filtration, e. Schnellextraktion). 3|2023
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