36 Technik 01 beim Tiefbauamt Kiel, erläutert: „Zwar ist auf der Holstenbrücke privater Pkw-Verkehr unterbunden, aber mit über 1.000 Bussen am Tag geht hier dennoch ganz schön was über die Straße.“ Deshalb war das Bauvorhaben ursprünglich auch als halbstarre Asphaltdeckschicht geplant. Nach einigen Überlegungen entschied sich das Tiefbauamt dann allerdings doch für einen Aufbau, bei dem als Asphaltragschicht ein AC 32 TS, 22 cm mit PmB 25/55-55A zum Einsatz kam. Die 8,5 cm dicke Asphaltbinderschicht ist ein AC 16 BS mit PmB 25/55-55A. Die Asphaltdeckschicht wurde in einer Dicke von 3,5 cm eingebaut. Hierbei handelt es sich um einen SMA 8 S mit PmB 25/55-55A mit 3 % viskositätsverändertem Zusatz, was einem PmB 24/45 VL nach E KvB entspricht. Als viskositätsverändernder Zusatz kam Sasobit von Sasol Wax zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um ein Fischer-Tropsch-Wachs. Durch den Einsatz von viskositätsverändertem PmB sollte in Kiel das Asphaltmischgut nicht nur mit niedrigerer Temperatur produziert und eingebaut werden, sondern zusätzlich sollte die Verarbeitbarkeit, wie beispielsweise die Verdichtung des Asphaltes, erleichtert werden. „Durch die Verwendung eines wachsmodifizierten PmB versprechen wir uns, dass eventuelle Schäden, wie beispielsweise Spurrinnenbildung, Verdrückungen oder Griffigkeitsprobleme in den Rollspuren, erst gar nicht auftreten“, erläutert Krusch witz. 02 Der SMA wurde mit Viatop-Pellets von J. Rettenmaier & Söhne hergestellt. Diese Pellets bestehen aus Cellulosefasern und Straßenbaubitumen. „Vor allem die Big-Bag-Lösung macht die Dosierung und das Handling auf der Asphaltmischanlage besonders einfach“, berichtet Jens Arnold, Produktmanager bei Rettenmaier. Cellulosefasern werden überwiegend für Splittmastixasphalte, Offenporige Asphalte und Asphaltbinder nach dem Splittmastixprinzip verwendet, eignen sich unter anderem aber auch hervorragend für Dünnschichtbeläge und splittreiche Asphaltbetone. Bild 01 Bild 02 Bild 03 Rund 1.000 Busse am Tag befahren die neue Holstenbrücke. (v. l. n. r.) Florian Lentz, Jens Kruschwitz und Andreas Lade begutachten den neu gestalteten innerstädtischen Bereich. Die Beschichtung wurde einfach im händischen Einbau eingebracht. (Quelle Bild 01–03: DAV/hin) 6|2020
Technik 37 03 Auf die Farbe kommt es an „Mit über 1.000 Bussen am Tag geht hier ganz schön was über die Straße.“ Das Projekt „Kleiner Kiel-Kanal“ prägt maßgeblich die Optik der Kieler Innenstadt und verändert den gesamten Bereich der Holstenstraße/ Holstenbrücke. Dafür hauptsächlich verantwortlich ist die in drei Grautönen gestaltete Oberfläche der Verkehrsfläche. „Eine besondere Herausforderung war es, genau den richtigen Farbton zu treffen. Denn durch das Pflaster in den Randbereichen waren die drei Grautöne für die Busfahrspur bereits vorgegeben“, berichtet Florian Lentz von der Possehl Spezialbau GmbH. Die Techniker von Possehl mussten sich deshalb nun zunächst einmal dran machen, eine individuelle Mischung für Kiel herzustellen. Dabei dienten lediglich original Pflastersteine von der Baustelle dem Herstellerwerk als Vorlage. Diese wurde dann im Handeinbau aufgebracht. Zum Einsatz kam Possehl EP-Grip, ein auf Basis von Reaktionsharzen funktionierendes System. Durch den Einsatz unterschiedlicher Gesteinsarten ergeben sich vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, sodass eine Strandatmosphäre ebenso möglich ist wie eine rustikale Optik eines Schotterweges oder eben eine Busspur in verschiedenen Grautönen. Die Beschichtung lässt sich nach dem Aufbringen schnell wieder nutzen. Zu den weiteren Vorteilen zählt, dass eine leichte Reinigung selbst nach intensiver Verschmutzung möglich ist und dass – im Fall von Erhaltungsarbeiten – jederzeit eine nahezu identisch Reproduzierbarkeit der Farbe gegeben ist. Im Klartext: Wenn einmal etwas ausgebessert werden muss, gibt es kaum Farb unterschiede zwischen Bestands- und sanierten Stellen. • Erläuterung und Einordnung Mit dem Projekt „Kleiner Kiel-Kanal“ verfolgt die Stadt Kiel das Ziel, die vormals als ÖPNV-Knotenpunkt und Durchgangsstraße genutzte Holstenbrücke zu einer Platzfläche mit hoher Aufenthaltsqualität umzugestalten. Durch Herstellung zweier raumgreifender Wasseranlagen konnte das Motiv einer historischen Wasserverbindung wiederbelebt werden. Wo noch vor wenigen Jahren Fußgänger in Randbereiche eines Kreisverkehrs gedrängt wurden oder den autogerechten Straßenraum durch eine dunkle Passage umgingen, wird heute auf ganzer Länge unter freiem Himmel flaniert. In enger Bindung zur bestehenden Fußgängerzone ist ein entspannter, moderner Stadtplatz entstanden, der neben unterschiedlichen Einkaufs- und Serviceangeboten viel Raum für Kontemplation lässt. Die ehemalige Barriere im Stadtzentrum hat sich zu einem wichtigen Freiraumgelenk entwickelt. Bereits kurz nach Fertigstellung des Bauvorhabens scheint es so, als ob die Holstenbrücke wieder zur Bühne des öffentlichen Lebens geworden ist. Diese Entwicklung wurde durch straßenverkehrliche Neuordnungsmaßnahmen begünstigt. Bushaltestellen wurden verlegt und der motorisierte Individualverkehr umgeleitet. Durch die Ausweisung als verkehrsberuhigter Geschäftsbereich, in dem heute lediglich noch Busse mit 20 km/h verkehren dürfen, wurde die Attraktivität für Fahrradfahrer und Fußgänger deutlich gestärkt. Zu Projektbeginn war geplant, schwerpunktmäßig Betonplattenbeläge in unterschiedlichen Formaten zu verwenden. Im Projektverlauf wurde deutlich, dass die zu erwartende hohe Anzahl an Busdurchfahrten den zusätzlichen Einsatz asphaltgebundener Decken in Fahrbahnbereichen erforderlich machte. Im Rahmen der Bürgerbeteiligung erweiterten neu eingeordnete holzgedeckte Boardwalks am unbefahrenen Altstadtufer diesen Materialkanon. Um die Fahrbahnflächen weiterhin deutlich als Teil des Platzes erkennbar zu machen, entschieden wir uns für eine flächenübergreifende Gestaltung aus unregelmäßigen, quer zur Fahrbahn ausgerichteten, in drei Grautönen voneinander abgesetzten Belagsstreifen. In den bituminös gebundenen Fahrbahnflächen wurde dieser Gestaltungsansatz durch eine Beschichtung aus farbangepassten, epoxidharzgebunden Feinsplitten übernommen (Oberflächenbehandlung: Komponenten-Epoxidharz mit Abstreu aus Splitt 1/2 mm auf bituminöser, kugelgestrahlt, vorbehandelter Asphaltdeckschicht aus Splittmastixasphalt). Durch mehrfache Bemusterung und Feinjustierung der verwendeten Splitte in Körnung und Farbe sowie den präzisen Einbau über das versetzte Abkleben, Beschichten und Abstreuen der vorbehandelten Asphaltdeckschicht konnte ein sehr gutes Gesamt ergebnis erzielt werden. Im Detail überzeugen saubere Anschlüsse zwischen den in drei Grautönen nuancierten Flächen. Die Fahrbahnfläche wurde durch kontrastierende, taktile Platten von den benachbarten Plattenbelägen leicht abgesetzt, sodass kleinere farbliche Unregelmäßigkeiten oder temporäre, witterungsbedingte Eigenreaktionen der unterschiedlichen Belagsarten (Regen/Sonneneinstrahlung) wenig ins Gewicht fallen. Auf der ganzen Platzlänge ermöglicht der oberflächengleiche Anschluss des Fahrbahnbereichs eine stufenlose Querung. Die übergeordnete Gestaltung schafft Aufmerksamkeit und signalisiert sowohl gegenüber dem Bus- als auch dem Radverkehr den besonderen Status der Holstenbrücke als neuen Platzraum in der Innenstadt Kiels. Kontakt: bgmr Landschaftsarchitekten GmbH, Dirk Christiansen, christiansen@bgmr.de 6|2020
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