12 Schwerpunkt: DAI-Forschung Werkseigene Produktionskontrolle von Asphalt Einsatzmöglichkeit alternativer Prüfverfahren ohne Lösemittel [Von Dr.-Ing. Konrad Mollenhauer] Grundlage für die Sicherung der angestrebten Qualität von Asphaltmischgut ist neben der anforderungsgerechten Erstprüfung und Konzeption des Baustoffes auch die laufende Überprüfung des Produktionsprozesses. Dabei spielt die regelmäßige Kontrolle der Qualität des großtechnisch hergestellten Asphaltmischgutes eine wichtige Rolle. Als Alternative für die Extraktionsanalyse mit gesundheitsschädlichen Lösemitteln wurden lösemittelfreie Verfahren untersucht. Im Labor sowie großtechnisch hergestellte Asphaltproben wurden mittels Thermoanalyse zur Bestimmung der Asphaltzusammensetzung sowie einfache mechanische Asphaltprüfungen untersucht. Ein Einsatz der Prüfverfahren in einer lösemittelfreien WPK erscheint dabei möglich. Abbildung 1: Verwendeter Thermo-Ofen (links), Asphaltmischgutprobe vor (rechts oben) und nach (rechts unten) der Thermoanalyse (Quelle: Uni Kassel/ Mollenhauer) INFO Das IGF-Vorhaben 18942 N der Forschungsvereinigung Deutsches Asphalt Institut e. V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags gefördert. Im Rahmen der WPK sind Asphalthersteller verpflichtet, die Konformität des großtechnisch im Asphaltmischwerk hergestellten Asphaltmischgutes mit den in der Erstprüfung definierten Asphalteigenschaften festzustellen. Dabei liegt bei Walzasphalten zurzeit der Fokus in der Überwachung der Asphaltzusammensetzung. So werden der Bindemittelgehalt und die Korngrößenverteilung von regelmäßig aus der Mischgutproduktion entnommenen Asphaltproben überprüft. Darüber hinaus werden die Eigenschaften des aus dem Asphaltmischgut rückgewonnenen Bindemittels (Erweichungspunkt Ring und Kugel, elastische Rückstellung) und der Hohlraumgehalt von Marshall-Probekörpern (MPK) aus Walzasphalt bzw. die Stempeleindringtiefe bei Gussasphalt ebenfalls bei einigen Proben bestimmt. Die dabei anzuwendenden Prüfverfahren sind in den DIN EN 12697 beschrieben, die in Deutschland in den TP Asphalt-StB umgesetzt sind. Für die Bestimmung der Asphaltzusammensetzung kommt dabei die Extraktionsanalyse zur Anwendung, welche fast ausschließlich mittels Extraktionsautomaten unter Verwendung des Lösemittels Trichlorethylen erfolgt. Aufgrund seiner Karzinogenität ist eine Verwendung nur unter hohen Auflagen der Arbeitssicherheit und vorerst nur bis 2023 formal zulässig. Damit auch zukünftig die Qualitätssicherung mit Überprüfung der relevanten Asphalteigenschaften durch den Asphalthersteller erfolgen kann, werden zurzeit alternative Verfahrensweisen erforscht. Neben der Überprüfung alternativer Lösemittel sind auch Prüfverfahren denkbar, in denen die Asphalteigenschaften ohne Lösemitteleinsatz untersucht werden können. Das Forschungsvorhaben 18942 N im Programm der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) wurde an der Universität Kassel, Sachgebiet Bau und Erhaltung von Verkehrswegen, bearbeitet und hatte zum Ziel, alternativen Laborprüfungen auf die Einsetzbarkeit im Rahmen einer lösemittelfreien WPK hin zu prüfen. Die alternative Prüfverfahren sollen in der Lage sein, Abweichungen der Asphaltzusammensetzung (Bindemittelgehalt, Korngrößenverteilung) von der Soll-Zusammensetzung sowie herstellungsbedingte Veränderungen der mechanischen Asphalteigenschaften (z. B. Verhärtung des Bindemittels) zu identifizieren. Bindemittelgehalt mittels Thermoanalyse Die Thermoanalyse ist in den DIN EN 12697-39 beschrieben. Bei der bereits 1969 in den USA entwickelten Thermoanalyse wird Asphaltmischgut bei hohen Temperaturen (> 500 °C) verascht. Die dabei angewendete 6|2018
Schwerpunkt: DAI-Forschung 13 Probemenge entspricht jener der Extraktionsanalyse (50-Fache des Größtkorndurchmessers in g), vgl. Abbildung 1. Über den Masseverlust wird der Gehalt des brennbaren Bindemittels bestimmt, während an den verbleibenden Gesteinskörnungen die Korngrößenverteilung des Asphaltmischgutes ermittelt wird. Die anfangs angewendeten Temperaturen um 800 °C führten jedoch bei einigen Gesteinsarten (z. B. Kalkstein) zu signifikanten Massereduktionen und Kornzerstörungen, welche das Ergebnis der Untersuchungen beeinflussten (Brown et al. 1995). In den 1990er-Jahren wurde die Thermoanalyse auch in Deutschland als Alternative für die bis dahin meist manuell durchgeführte Extraktionsanalyse untersucht. Frühzeitig wurde dabei der Einfluss verschiedener Gesteinsarten auf die Masseveränderung während der Thermoanalyse erkannt. So wurden von Roßberg & Bader (1997) Masseänderungen von bis zu 1,6 % identifiziert. Durch eine sukzessive Verringerung der Veraschungstemperatur (in den EN 12697-39 ist als Zieltemperatur 540 °C – entsprechend 1000 °F verankert) konnte dieser Einfluss reduziert werden. Dennoch ist eine Anwendung von Kalibriermessungen erforderlich, um den Einfluss der verwendeten Gesteinskörnungen bei der Berechnung des Prüfergebnisses zu berücksichtigen. Drüschner (1993) trennte den Masseverlust während der Thermoanalyse in eine Trocknungsphase und der Bindemittel-Verbrennungsphase durch Messung des zeitlichen Verlaufs der Temperatur in der Untersuchungsprobe sowie des Masseverlustes. Dadurch konnte der Bindemittelgehalt (außer bei Verwendung poriger Gesteine) mit guter Präzision bestimmt werden. Da zeitgleich die Entwicklung von Extraktionsautomaten erfolgte, in denen das gesundheitsschädliche Lösemittel im geschlossenen Kreislauf geführt wird, konnte die Lösemittelexposition der Baustoffprüfer erheblich reduziert werden. Aufgrund der Vielzahl der in Deutschland und auch in einzelnen Mischwerken verwendeten Gesteinskörnungen sowie die Verwendung von Asphaltgranulat mit unbekanntem Gesteinskörnungsgemisch wurde die Thermoanalyse nicht weiter verfolgt. Die aktuellen Nutzungseinschränkungen des bisher verwendeten Lösemittels Trichlorethylen sowie hoher Kostenaufwand für die Umrüstung bestehender Laboreinrichtungen für den Einsatz alternativer Lösemittel begründet das Interesse, erneut die lösemittelfreien Prüfverfahren auf Einsatzfähigkeit zu überprüfen. Bei der Bestimmung des Bindemittelgehaltes mittels Thermoanalyse wird zunächst der Masseverlust infolge thermischer Beanspruchung in % von der Ausgangsmasse des Asphaltmischgutes bestimmt. Von diesem Wert wird der Kalibrierwert C F , welcher die Masseänderung der Gesteinskörnungen berücksichtigt, abgezogen. Die DIN EN 12697-39 beschreibt drei Verfahren zur Bestimmung des Kalibrierwertes: • Auf Grundlage von im Labor hergestelltem Asphaltmischgut (Verfahren nach Anhang A.2): Der Kalibrierwerte entspricht der Differenz zwischen dem Masseverlust und dem tatsächlichen Bindemittelgehalt einer im Labor hergestellten Probe. • Auf Grundlage von parallel durchgeführten Extraktionsversuchen (Verfahren nach Anhang A.3): Der Kalibrierwert entspricht der Differenz zwischen dem Masseverlust und dem mittels Extraktionsverfahren bestimmten Bindemittelgehalt. • Auf Grundlage der Untersuchung des Gesteinskörnungsgemisches ohne Bindemittelzugabe (Trockenmischung – Verfahren nach Anhang A.4): Aus bei 110 °C getrockneten Gesteinskörnungen wird ein Gesteinskörnungsgemisch gemäß der angewendeten Asphaltmischgutzusammensetzung hergestellt. Dabei kann auch das verwendete Asphaltgranulat eingesetzt werden. An dieser Trockenprobe wird dann der Masseverlust mittels Thermoanalyse bestimmt. Überprüfung der lösemittelfreien Versuche unter Laborbedingungen Als alternative Prüfverfahren wurde zum einen die Thermoanalyse zur Untersuchung der Asphaltzusammensetzung (Bindemittelgehalt und Korngrößenverteilung) und zum anderen mechanische Asphaltprüfungen untersucht, mit denen auf Änderungen der Bindemitteleigenschaften geschlossen werden sollte. INFO Dieser Fachbeitrag basiert auf einem Vortrag, gehalten auf dem DAV/DAI-Asphaltseminar 2018 in Willingen. Tabelle 1: Art und Anzahl der untersuchten Asphalt-Variationen Anzahl der variierten Asphalteigenschaften Soll-Zusammensetzung, z. T. mit variierter Kombination der Lieferkörnungen Asphaltart und -sorte AC 22 TS AC 16 BS AC 11 DS SMA 8 S MA 8 S 3 4 1 5 2 Bindemittelgehalt 4 4 2 2 3 Korngrößenverteilung 8 10 3 6 2 Gesteinsart (inkl. Füllerart) 1 - - 7 4 Bitumenart und -sorte 2 5 - 5 2 Bitumenzusätze - 3 - 5 3 Asphaltgranulatzugabe 8 10 - - - Misch- und Lagerungsbedingungen - - - 6 3 Summe der untersuchten Asphaltvarianten 26 36 6 36 19 6|2018
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