38 Schwerpunkt: Qualagon Delta PhaWi(50auf40) [°] -2 Delta T(G*15kPa) [°C] Abbildung 13: Empfohlene sechsachsige Darstellung mit Erfahrungsbereichen für ein Polymermodifiziertes Bitumen 25/55-55 A 5 0 2 10 rel.G'(G*15kPa), gealtert [Pa/°C] T(G*15kPa), frisch [°C] 70 65 60 55 50 80 100 ermitteln. Abbildung 9 zeigt die Zeit-Dehnungsverläufe am Beispiel der Bitumen 160/220 im frischen und im gealterten Zustand. Als geeignete Kenngröße wurde die Steigung der Deformation im Zeitfenster zwischen 500 und 1.800 Sekunden angesehen, sodass die Entlastungsphase für zukünftige Prüfungen entbehrlich wäre. Der so ermittelte Wert wird als Scher-Kriechnachgiebigkeit SKN-10 bezeichnet. Deformation (500 bis 1.800 Sekunden) [%] SKN -10 = ---------------------------------------------------------------------- [%/h] 0,36111 [Stunden] In der Abbildung 10 sind die Scher-Kriechnachgiebigkeit SKN-10 der frischen und der gealterten Proben in einem zweiachsigen Diagramm dargestellt. Die Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Lieferstellen ist hier nicht ganz so deutlich wie bei den Kennwerten des Erweiterten Ansatzes. Für die Detektion der Lieferstelle ist diese zusätzliche Information vermutlich nicht notwendig. Allerdings bietet dieser zusätzliche, vom Aufwand her vertretbare Untersuchungsschritt die Möglichkeit einer Abschätzung des Kälteverhaltens. Inwieweit die Scher-Kriechnachgiebigkeit bei -10 °C tatsächlich belastbare Aussagen zum Kälteverhalten liefern kann, muss anhand von vergleichenden Untersuchungen mit einem bewährten Kälteprüfverfahren (z. B. BBR) nachgewiesen werden. Zusammenfassende Empfehlungen für Netzdiagrammdarstellungen Mit den Untersuchungen zur Identifikation bitumenhaltiger Bindemittel konnte gezeigt werden, dass bereits mit den konventionellen Untersuchungsmethoden ein brauchbarer Ansatz (Einfacher Ansatz) vorliegt. Allerdings ist hierzu die Untersuchung der Bindemittel jeweils vor und nach einer erweiterten RTFOT-Alterung notwendig. Die Bestimmung des Penetrationsindexes hat sich als hilfreicher Kennwert herausgestellt. Eine hinreichende 120 4 45 60 6 40 80 8 40 40 120 10 25 160 60 20 200 240 15 80 280 320 100 120 140 160 rel.G'(G*15kPa), frisch [Pa/°C] COI30, frisch [-] Differenzierung ist allerdings nicht bei allen Lieferstellen möglich. Auch die umfassende Darstellung aller Untersuchungsergebnisse in einem mehrachsigen Diagramm (bis 9 Achsen) verbessert die Differenzierbarkeit nicht. Für die Anwendung des Einfachen Ansatzes wird daher empfohlen, entweder die in Abbildung 2 beschriebene zweiachsige Darstellung oder eine wie in der Abbildung 11 dargestellte vierachsige Visualisierung zu wählen. Das in der Abbildung 11 aufgeführte Beispiel wäre bezüglich der Skalierung für ein Bitumen 50/70 geeignet. Hier ist etwa für den Erweichungspunkt Ring und Kugel die Markierung des vertraglich definierten Grenzbereichs erkennbar, während für die drei weiteren Kriterien vorläufige Erfahrungswerte farblich definiert wurden. Der vorgeschlagene Grenz- bzw. Erfahrungsbereich ist grün hinterlegt. Die Achsen wurden so skaliert, dass der Grenz-/Erfahrungsbereich etwa in der Mitte der Achse liegt. Eine bedingte Wertung ist durch die Richtung der Skalierung vorgenommen worden. So wurde die Veränderung des Erweichungspunktes Ring und Kugel umgekehrt skaliert, womit außen liegende Messwerte eine vermutlich bessere Qualität dokumentieren. In der Abbildung 12 sind die Messergebnisse der Bitumen 50/70 (links) und 160/220 (rechts) aufgetragen. Hierzu wurden unterschiedliche Diagrammskalierungen gewählt. Ausgenommen hiervon wurde die Veränderung des Erweichungspunktes Ring und Kugel infolge der modifizierten RTFOT-Alterung. Denkbar wäre aber auch hier eine sortenspezifische Skalierung. Der Erweiterte Untersuchungsansatz basiert auf den Ergebnissen eines Temperatur-Sweeps im DSR nach der AL-DSR-Prüfung (T-Sweep) [3]. Die Prüfungen liefern umfassende Kennwerte im höheren und hohen Gebrauchstemperaturbereich und darüber hinaus. Diese Prüfungen werden seit 2013 regelmäßig im Rahmen der zusätzlichen Bindemitteluntersuchungen, die gemäß [7, 8, 9, 10] gefordert werden, durchgeführt. Zukünftig ist zu erwarten, dass diese regelmäßigen Untersuchungen auch im gealterten Zustand gefordert werden, womit eine unmittelbare Übertragung der hier vorgeschlagenen Visualisierung möglich wäre. Die für die Untersuchungen nach [3] als typisch und bereits bekannt eingestufte Äquisteifigkeitstemperatur bei einem Komplexen Schermodul (G*) von 15 kPa (T (G*15kPa) ) wurde als Kennwert für die „Härte“ des Bindemittels festgelegt (im frischen Zustand sowie die Veränderung durch Alterung). Bei der Suche nach weiteren sinnvollen Kennwerten fiel die Wahl auf den relativen Speichermodul bei G* von 15 kPa (relG‘ (G*15kPa) ). Als weiterer sinnvoller Kennwert wurde der Cross- Over-Index bei 30 °C gewählt. Bei einem temperaturveränderlichen viskoelastischen Material kann i. a. ein Temperaturpunkt definiert werden, bei dem der Speichermodul (elastischer Steifigkeitsanteil) und der Verlustmodul (viskoser Steifigkeitsanteil) identisch (G‘ = G‘‘) sind. Bei diesen Bedingungen beträgt der Phasenwinkel 45°. Da diese Temperaturkennstelle (Cross-Over-Punkt) bei vielen der untersuchten Bindemittel erst unter 30 °C erreicht 5|2019
Schwerpunkt: Qualagon 39 55 EP RuK (frisch) [°C] T(G*15kPa), frisch [°C] 55 50 45 Lieferstelle 1 (n=3) Lieferstelle 2 (n=3) Lieferstelle 3 (n=3) 50 45 Lieferstelle 1 (n=3) Lieferstelle 2 (n=3) Lieferstelle 3 (n=3) Zunahme EP RuK [°C] 0 5 10 15 20 40 35 30 3,0 2,0 1,0 0,0 -1,0 -2,0 25 2,0 25 30 1,0 0,0 PI (frisch) [-] Delta PhaWi(50auf40) [°] 0 2 4 15 40 35 30 0 25 6 20 40 60 80 100 2003004005006007008009001000110012001300 20 20 400 50060 60070 70080 80 rel.G'(G*15kPa), frisch [Pa/°C] -1,0 Delta T(G*15kPa) [°C] 5 10 40 -2,0 0 60 COI30, frisch [-] PI (gealtert) [-] -3,0 -4,0 80 rel.G'(G*15kPa), gealtert [Pa/°C] 100 Abbildung 14: Darstellung der Messergebnisse mit den beiden Untersuchungsansätzen (jeweils 160/220) mit Erfahrungsbereichen (Quelle: RUB Bochum/Radenberg) wird, wurde eine Indexdarstellung mit Bezug auf dieses Verhältnis bei 30 °C gewählt (Cross-Over-Index bei 30 °C, COI 30 ). Gewählt wurde hier nur der Wert im frischen Zustand. Der letzte ausgewählte Kennwert des Erweiterten Untersuchungsansatzes berücksichtigt den Unterschied der Phasenwinkel zwischen 50 und 40 °C. Dieser wurde vor und nach Alterung als Differenzwert berechnet. Analog zum Netzdiagrammvorschlag für den Einfachen Ansatz wurde auch für die sechsachsige Darstellung des Erweiterten Ansatzes ein Skalierungsbereich und ein vorläufiger Erfahrungsbereich (grün hinterlegt) sortenabhängig definiert. Die Abbildung 13 zeigt eine solches Netzdiagramm für ein Polymermodifiziertes Bitumen 25/55-55 A. Abschließend zeigt die Abbildung 14 eine Gegenüberstellung des Einfachen und des Erweiterten Ansatzes am Beispiel des Straßenbaubitumens 160/220. Hieran wird deutlich, dass mit dem Erweiterten Ansatz ein deutlich höheres Identifikationspotenzial gegenüber dem Einfachen Ansatz vorliegt. Insbesondere mit den neuen, stark differenzierenden Parametern „relativer Speichermodul bei Äquisteifigkeitstemperatur“ und „Cross-Over-Index bei 30 °C“ lassen sich die rheologischen Besonderheiten der Lieferstellen gut identifizieren. • AUTOREN Prof. Dr.-Ing. Martin Radenberg M.Sc. Daniela Breddemann Ruhr-Universität Bochum Lehrstuhl für Verkehrswegebau Universitätsstraße 150 44801 Bochum LITERATUR [1] DIN EN 1427. 2007: Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel – Bestimmung des Erweichungspunktes – Ring- und Kugel-Verfahren. Berlin: Beuth Verlag, 2007. [2] DIN EN 1426. 2007: Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel – Bestimmung der Nadelpenetration. Berlin: Beuth Verlag, 2007 [3] AL DSR-Prüfung (T-Sweep): Arbeitsanleitung zur Bestimmung des Verformungsverhaltens von Bitumen und bitumenhaltigen Bindemitteln im Dynamischem Scherrheometer (DSR) – Durchführung im Temperatursweep, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. (FGSV) und Arbeitsgruppe „Asphaltbauweisen“, Köln, Ausgabe 2014 [4] DIN EN 12607-1. 2007: Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel – Bestimmung der Beständigkeit gegen Verhärtung unter Einfluss von Wärme und Luft – Teil 1: RTFOT-Verfahren. Fassung 2014. Berlin: Beuth Verlag, 2007 [5] DIN EN 14769. 2012: Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel – Beschleunigte Langzeit-Alterung mit einem Druckalterungsbehälter (PAV). Berlin: Beuth Verlag, 2012 [6] Spiegl, M.; Steidl, H.: Entwicklungen von gebrauchsverhaltensorientierten Bitumenspezifikationen, GESTRATA Bauseminar 2009 [7] ARS 11/2012: Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 11/2012 (ARS 11/2012) – Änderungen und Ergänzungen des Technischen Regelwerkes Asphaltstraßen. s.l.: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, 2012 [8] TL Asphalt-StB 07/13: Technische Lieferbedingungen für Asphaltmischgut für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V., Köln, Ausgabe 2007, Fassung 2013 [9] TL Bitumen-StB 07/13: Technische Lieferbedingungen für Asphaltmischgut für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V., Köln, Ausgabe 2007, Fassung 2013 [10] ZTV Asphalt-StB 07/13: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Fahrbahndecken aus Asphalt, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V., Köln, Ausgabe 2007, Fassung 2013 5|2019
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