32 Schwerpunkt: Bitumen anschließend zur Überprüfung des Modells herangezogen [Kessler 2007]. Die Durchführung der PCR erfolgte mithilfe der Software The Unscrambler X 10.3. Bilaterale Zusammenhänge Im Rahmen des Projekts konnte eine Vielzahl von Korrelationen zwischen den chemischen und den physikalischen Kennwerten des Bitumens gefunden werden. Als Datengrundlage für diese Korrelationen dienten die elf Bitumenproben in allen drei Alterungszuständen, sodass sich eine Fallzahl von insgesamt 33 Proben ergab. Als wesentliches Ergebnis der Korrelationsanalyse zeigte sich, dass insbesondere die einzelnen Fraktionen des Bitumens einen wesentlichen Einfluss auf das Verhalten des Bindemittels aufweisen. Bei diesen Fraktionen handelt es sich um die Asphaltene, Erdölharze, Aromaten und gesättigten Kohlenwasserstoffe, die im Allgemeinen als SARA-Fraktionen gelten. Diese Bezeichnung leitet sich von den englischen Begriffen Saturates (gesättigte Kohlenwasserstoffe), Aromatics (Aromaten), Resins (Erdölharze) und Asphaltenes (Asphaltene) ab. Die Bestandteile dieser Fraktionen weisen von den gesättigten Kohlenwasserstoffen zu den Asphaltenen hin zunehmende Molmassen, Heteroatome und Gehalte an aromatischen Verbindungen auf [Hunter et al. 2015; Lesueur 2009; Zenke 1989]. Nach dem allgemein angenommenen Modell eines kolloidalen Systems liegen die Asphaltene und ein Teil der Erdölharze in Form von Mizellen als dispergierte Teilchen vor, die in einem Dispersionsmittel aus gesättigten Kohlenwasserstoffen, Aromaten und einem Teil der Erdölharze dispergiert werden [Hunter et al. 2015]. Diese Fraktionen weisen einen erheblichen Einfluss auf die Bitumeneigenschaften auf, was sich auch im Rahmen dieses Projekts gezeigt hat. So konnten viele Korrelationen zwischen dem Asphaltengehalt sowie verschiedenen Verhältnissen der Fraktionen und den physikalischen Eigenschaften gefunden werden. Abbildung 2 zeigt einige ausgewählte Zusammenhänge für den mittels DSR bestimmten Phasenwinkel bei 30 °C, in der neben dem Asphaltengehalt auch das Verhältnis von Asphaltenund Erdölharzgehalt I As/H sowie das Verhältnis von Aromaten- und Asphaltengehalt I Ar/As betrachtet werden. Die beiden Verhältnisse geben dabei eine Aussage darüber, wie stark die Mizellen vom Dispersionsmittel peptisiert und somit dispergiert werden. Grundsätzlich beschreibt der Phasenwinkel das Verhältnis zwischen dem viskosen und dem elastischen Anteil, wobei ein Wert von δ = 90° ein ideal viskoses und ein Wert von δ = 0° ein ideal elastisches Verhalten verdeutlicht [Mezger 2010]. Nach Abbildung 2 zeigt sich zwischen dem Asphaltengehalt und dem Phasenwinkel ein negativer Abb. (a) Abb. (b) Abb. (c) Abbildung 2: Korrelationen zwischen dem Phasenwinkel δ bei 30 °C und (a) dem Asphaltengehalt (r = -0,95), (b) dem Verhältnis von Asphaltenen und Erdölharzen (r = -0,87) und (c) dem Verhältnis von Aromaten und Asphaltenen (r = 0,88). (Quelle: TU Berlin) Zusammenhang, sodass mit steigendem Asphaltengehalt der Phasenwinkel geringer wird und somit der elastische Anteil des Bitumens wächst. Anhand der Verhältnisse ergibt sich weiterhin, dass der elastische Anteil des Bitumens mit zunehmend schlechter peptisierten Mizellen zunimmt. In Bezug auf das Verhältnis von Aromaten und Asphaltenen zeigt sich nach Abbildung 2 (c) zudem, dass dieses anstelle eines linearen vielmehr einen exponentiellen Zusammenhang zum Phasenwinkel aufweist. Die erreichten Korrelationskoeffizienten für den Zusammenhang zwischen den chemischen Kennwerten und dem Phasenwinkel auf verschiedenen Temperaturstufen sind in Tabelle 1 zusammengefasst, in der zudem auch Korrelationen zu weiteren physikalischen Kennwerten angegeben sind. Nach Tabelle 1 bestehen weiterhin Zusammenhänge zwischen den SARA-Fraktionen und dem Erweichungspunkt T R&K und dem komplexen Schermodul log |G*|. Aufgrund der Richtung der Korrelationen lässt sich schlussfolgern, dass mit steigendem Asphaltengehalt und zunehmend schlechter peptisierten Mizellen auch die Viskosität bei hohen Temperaturen (T R&K ) und die Steifigkeit (log |G*|) zunehmen. 1|2019
Schwerpunkt: Bitumen 33 Asphaltengehalt I As/H = Asphaltengehalt Erdölharzgehalt I Ar/H = Aromatengehalt Asphaltengehalt [M.-%] [-] [-] r r r Erweichungspunkt T R&K [°C] 0,89 -0,81 Penetrationsindex PI [-] 0,86 0,84 Phasenwinkel δ 30 °C [°] -0,95 -0,87 0,88 (exp.: 0,94) Phasenwinkel δ 50 °C [°] -0,96 -0,9 0,87 (exp.: 0,96) Komplexer Schermodul log |G*| 30 °C [Pa] 0,8 -0,8 Komplexer Schermodul log |G*| 50 °C [Pa] 0,87 -0,85 Tabelle 1: Korrelationskoeffizienten r ausgewählter starker Korrelationen zwischen den SARA-Fraktionen und verschiedenen physikalischen Kennwerten. (Quelle: TU Berlin) Zusammenfassend lässt sich somit ein maßgebender Einfluss des Asphaltengehalts und der Verhältnisse der SARA-Fraktionen auf die physikalischen Eigenschaften des Bitumens festhalten. Modelle zur Erfassung der physikalischen Eigenschaften Basierend auf den bilateralen Korrelationen war das Ziel des Projekts die Ableitung eines Bindemitteldesigns, das die Beeinflussung der einzelnen Eigenschaften durch die Modifizierung der Bitumenzusammensetzung erlaubt. Als Grundlage dieses Designs wurden zunächst Modelle erstellt, um den Zusammenhang zwischen dem chemischen Aufbau und den Eigenschaften des Bitumens zu erfassen. Für diese Modelle wurden jeweils mehrere chemische Kennwerte betrachtet, da aufgrund des komplexen Aufbaus des Bitumens ein einzelner Kennwert nicht zur Erfassung der verschiedenen physikalischen Eigenschaften ausreicht. Anhand der PCR-Analysen konnte festgestellt werden, dass sich verschiedene physikalische Eigenschaften des Bitumens mithilfe der SARA-Fraktionen abschätzen lassen. Dabei sind jedoch nicht allein die Gehalte, sondern weiterhin auch die Molmassen und somit die Molekülgrößen der einzelnen Fraktionen von entscheidender Bedeutung. Die Grundlage der Modelle bildet somit die folgende Linearkombination, in der die Gehalte w und die zahlenmittlere Molmassenmittelwerte M n der einzelnen Fraktionen enthalten sind: y = b 0 + b 1 · w gesKW + b 2 · w pol.arom.Verb. + b 3 · w pol.arom.Verb. + b 4 · w Asphaltene + b 5 · M n,gesKW + b 6 · M n,Aromaten + b 7 · M n,pol.arom.Verb + b 8 · M n,Asphaltene Mithilfe dieser Linearkombination lassen sich durch die jeweilige Anpassung der Regressionskoeffizienten verschiedene physikalische Kennwerte erfassen. Abbildung 3 zeigt beispielhaft die grafische Gegenüberstellung der gemessenen und berechneten Werte des Phasenwinkels δ bei 30 °C, während Tabelle 2 einen Überblick über ausge Regressionskoeffizienten der Linearkombinationen unter Berücksichtigung der vier SARA-Fraktionen zur Beschreibung des physikalischen Verhaltens T R&K log |G*| 30 °C log |G*| 50 °C δ 30 °C δ 50 °C [K] [Pa] [Pa] [°] [°] Gehalt an gesKW [M.-%] -0,3692 -0,0024 -0,0009 0,3531 -0,054 Gehalt Aromaten [M.-%] -0,2631 -0,0543 -0,0589 0,3953 0,55 Gehalt pol. arom. Verb. [M.-%] 0,4771 0,0376 0,0282 -0,18 0,276 Gehalt Asphaltene [M.-%] 1,5162 0,0564 0,0718 -2,1528 -1,2397 M n, gesKW [g/mol] 0,0165 0,0003 0,0005 -0,0137 -0,0195 M n, Aromaten [g/mol] -0,0411 -0,0018 -0,0019 0,0268 0,0334 M n, pol.arom.Verb. [g/mol] 0,0246 0,0024 0,0023 -0,0291 -0,0309 M n, Asphaltene [g/mol] -0,0029 -0,0002 -0,0001 0,0027 -0,0008 Konstante [-] 307,7 5,072 3,817 93,5 88,4 Zusammenhang zwischen gemessenen und berechneten Prüfgrößen Kalibrierung Korrelationskoeffizient r 0,937 0,901 0,925 0,973 0,897 Bestimmtheitsmaß R² 87,80 % 81,10 % 85,50 % 94,60 % 80,50 % RMSE 2,6 K 0,18 Pa 0,19 Pa 2,3° 3,0° Validierung Korrelationskoeffizient r 0,851 0,834 0,863 0,951 0,86 Bestimmtheitsmaß R² 72,40 % 69,50 % 74,50 % 90,50 % 74,00 % RMSE 4,8 K 0,25 Pa 0,26 Pa 3,2° 3,8° Tabelle 2: Parameter der Linearkombinationen unter Berücksichtigung der vier SARA-Fraktionen zur Beschreibung ausgewählter physikalischer Kennwerte und Alterungsindizes. (Quelle: TU Berlin) 1|2019
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