42 EUROPA Bündnis 90/Die Grünen 1 Ungleiche Wettbewerbsbedingungen korrigieren Den Ausgangspunkt Ihrer Frage teilen wir, die tendenziöse Ausprägung, die Sie ihr geben, jedoch nicht. Es ist nicht richtig, in Deutschland pauschal von hohen Energiekosten zu sprechen, insbesondere nicht für die energieintensive Wirtschaft. Für die Umsetzung von europäischem Recht in deutsches Recht ist nicht das Europaparlament zuständig, sondern der Bundesgesetzgeber. In vielen Fällen wird EU-Recht 1:1 umgesetzt, in anderen Fällen sah der Gesetzgeber gute Gründe, davon abzuweichen. Eine pauschale Polemik dagegen verbietet sich. Der Grundansatz unserer Industriepolitik liegt darin, dass die industrielle Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit Europas nur auf der Basis von Nachhaltigkeit gesichert werden kann. Das gilt auch für die Rohstoffindustrie. SKA KELLER UND SVEN GIEGOLD führen die deutschen Grünen als Spitzen duo in den Europawahlkampf. Foto Keller: European Green Party/Foto Giegold: Dominik Butzmann 2 Papier ist geduldig, die Wirtschaft nicht (mehr) Natürlich sollten Regeln und Auflagen regelmäßig auf ihre Zweckdienlichkeit überprüft werden. Alle, deren Einhaltung den Aufwand nicht wert sind, müssen dann entsprechend angepasst oder abgeschafft werden. Die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen darf aber nicht Verwaltungseinsparmaßnahmen zum Opfer fallen. Wir treten dafür ein, dass Entscheidungsspielräume bei den demokratisch legitimierten Räten und Parlamenten verbleiben und so viel wie möglich vor Ort, in den Kommunen, nah an den Bürger*innen entschieden wird. Dazu gehört aber auch, dass wir die EU dort stärker machen wollen, wo gemeinsames, grenzüberschreitendes Handeln notwendig und sinnvoll ist, wie zum Beispiel beim Klima- oder Umweltschutz. 3 Vorhandene Werte erkennen und nutzen Die Behauptung, Europa könne bei wesentlichen Industrierohstoffen Selbstversorger werden, ist aus der Luft gegriffen und geht völlig an der Realität vorbei. Die Zahl der Rohstoffe, über die Europa in ausreichendem Umfang verfügt, ist relativ begrenzt. Bei Rohstoffen, über die wir verfügen, wie zum Beispiel Kies, wäre es unvernünftig, ausschließlich das Interesse an der industriellen Nutzung dieser Rohstoffe zum Maßstab zu machen. Ihre Industrie hat in diesem Zusammenhang in der Vergangenheit zum Beispiel gegen die Natura-2000-Politik der EU heftig opponiert. Eigentlich müsste man annehmen, dass inzwischen angesichts dramatischer Biodiversitätsverluste Naturschutz in seinem Wert angemessen berücksichtigt wird. Die Art, wie Sie Ihre Frage formulieren, legt nahe, dass Sie das anders sehen. Das ist schade. Zu der letzten europäischen Rohstoffstrategie haben wir Grüne intensiv gearbeitet. Die vom EU-Parlament beschlossene, von uns koordinierte Position sah ausdrücklich nicht vor, die Priorität einseitig auf die möglichst ungebundene Ausbeutung heimischer Rohstoffe zu fokussieren. Dabei sollte es bleiben. 4 Überfrachtungen bei der Flächennutzung Rohstoffgewinnung geht oft mit einem Eingriff in naturbelassene Ökosysteme einher. Sorgsamer und nachhaltiger Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen muss dabei eine Selbstverständlichkeit sein. Wir verbrauchen die Ressourcen und Rohstoffe unseres Planeten in einem atemberaubenden Tempo. Für nach haltigen Wohlstand brauchen wir eine Kreislaufwirtschaft, die wertvolle Rohstoffe wiederverwertet. Deshalb muss die Förderung der europäischen Kreislaufwirtschaft Zentralanliegen jeder ökologisch orientierten Wirtschaftspoli tik sein. 5 Gleiches Recht für alle, oder warum ein Leitfaden nicht hilft (fakultative Frage) Leitfäden sind eine Hilfe der Europäischen Kommission. Dass die Kommission einen Leitfaden bereitstellt, wird teils auch explizit in Richtlinien oder Verordnungen vorgesehen. Anders als delegierte Rechtsakte haben Parlament und Rat aber keine Macht, auf den Inhalt eines Leitfadens noch Einfluss zu nehmen oder sie abzulehnen. Es ist eine politische Wahl, dass Dinge nicht in einem bindenden EU-Gesetz oder einem delegierten Rechtsakt verbindlich vorgesehen sind, sondern nur in Leitfäden. Es ist ein Problem der politischen Wahl, nicht des Instruments des Leitfadens, wenn dadurch unangemessene Unklarheit geschaffen oder belassen wird. Oft gibt es gute Gründe, zum flexiblen Instrument des Leitfadens statt zu harter Gesetzgebung zu greifen. Leitfäden fassen oft zusammen, wo Rechtsprechung bereits der Gesetzesinterpretation einen Rahmen gegeben hat. Im Wettbewerbsrecht, z. B. bei unfairer Handelspraxis, gibt es oft so viel Entwicklung in kurzer Zeit, dass zu präzise abschließende Regeln der Entwicklung des Bereichs nicht angemessen wären. Es ist Zuständigkeit der EU-Kommission, die Einhaltung von Regeln (gemäß einem Leitfaden) durch Untersuchungen und wo nötig Bußgeldern einzufordern. Dafür braucht die EU-Kommission Personal. Die häufig zu hörende Kritik, die EU habe jetzt schon zu viel Personal, hat zum Abbau von EU-Personal geführt. EU-Personalabbau schränkt die Möglichkeiten zur Durchsetzung von EU-Recht ein. GESTEINS PERSPEKTIVEN 3/2019
EUROPA 43 FDP 1 Ungleiche Wettbewerbsbedingungen korrigieren Das Ziel einer europäischen Industriepolitik muss nach unserer Ansicht sein, den Standort Europa zu stärken und Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, die unternehmerisches Handeln ermöglichen und nicht erschweren. Dazu gehören die Vollendung des europäischen Binnenmarktes für Energie und Digitales statt teurer deutscher Sonderwege, der Ausbau der Infrastruktur, zukunftsweisende Schwerpunkte im Haushalt zur Förderung von Forschung und Innovationen, aber auch mit Blick auf die Rohstoffindustrie, der Abbau von Handelshemmnissen zur Vertiefung der Wertschöpfungsketten. Die Bundesregierung muss hier das Engagement der Unternehmen im Ausland stärker politisch flankieren. Ferner setzen wir uns dafür ein, dass EU-Recht in Deutschland 1:1 umgesetzt wird, statt regelmäßig noch zusätzliche Regelungen „draufzusatteln“. Eine lenkende Industriepolitik zugunsten einzelner Unternehmen und Technologien wäre dagegen der falsche Ansatz. 2 Papier ist geduldig, die Wirtschaft nicht (mehr) Ich teile die Ansicht, dass wir schnellstmöglich einen substanziellen Abbau von Bürokratie- und Erfüllungsaufwand benötigen, gerade mit Blick auf KMU. Denn unnötige Bürokratie kostet die Unternehmen nur Zeit und Geld, hemmt Investitionen und Innovationen und damit auch unsere Wettbewerbsfähigkeit. Wir setzen uns daher auf EU-Ebene für eine „One in, two out“-Regelung ein, die bei jeder neuen Regelung dafür sorgt, dass in doppeltem Umfang Belastungen abgebaut werden. In Bezug auf den Mittelstand muss das „Think Small First“-Prinzip in der Praxis stärker zur Geltung gebracht werden. Deshalb bin ich dafür, dass Regulierungen auf einer unabhängigen und transparenteren Folgenabschätzung basieren und der KMU-Test auf europäischer Ebene verpflichtend angewandt wird. Bürokratieabbau ist Mittelstandspolitik und sollte daher endlich oberste Priorität bekommen. Ferner möchten wir dem Subsidiaritätsprinzip in der EU wieder mehr Geltung verschaffen. Dazu wollen wir bei der Subsidiaritätsrüge im Vertrag von Lissabon die Frist auf mindestens zwölf Wochen verlängern. Außerdem wollen wir die Klagebefugnis der nationalen Parlamentskammern erweitern, damit sie auch direkt beim Europäischen Gerichtshof Klage erheben können. 3 Vorhandene Werte erkennen und nutzen Rohstoffsicherung wird in der Bundesregierung nicht ernsthaft und vor allem nicht mit der notwendigen Kohärenz der betroffenen Bundesministerien umgesetzt. Anstatt Planungen zu beschleunigen und Akzeptanz in der Bevölkerung zu sichern, passiert das Gegenteil und das schädigt den Wirtschaftsstandort Deutschland. Deshalb ist eine europäische Rohstoffstrategie, die auch eine Debatte über europäisches Umweltrecht zulässt, zu begrüßen. NICOLA BEER, FDP-Generalsekretärin und Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Europawahl: „Bürokratieabbau ist Mittelstandspolitik und sollte daher endlich oberste Priorität bekommen.“ Foto: Laurence_Chaperon 4 Überfrachtungen bei der Flächennutzung Hierbei sollte das Verursacherprinzip mit Augenmaß angewandt werden. Das Vorsorgeprinzip darf nicht einseitig gegen die legitimen Interessen der Rohstoffnutzer und -eigentümer ausgelegt und angewandt werden. Temporäre Landnutzungen für die Rohstoffgewinnung sollten im Konsens mit den privaten und öffentlichen Flächeneigentümern ermöglicht werden, wobei eine Kompensation bzw. Wiederherstellung von Naturfunktionen bzw. anderen Nutzungsmöglichkeiten gewährleistet werden muss. Zudem ist es wichtig, dass durch die Rohstoffgewinnung entstehende seltene und geeignete Lebensräume für geschützte Arten naturschutzfachlich Anerkennung finden. Verbindliche Ressourceneffizienzziele lehnen wir Freie Demokraten ab. Sie sind kein geeigneter Ansatz zur zielsicheren Minderung von Umweltfolgen der Ressourcennutzung. Lässt sich durch geeignete Rahmenbedingungen ein Ausgleich der Interessen der Umwelt, des Naturschutzes und der Ressourcennutzung erreichen, entscheiden die Marktteilnehmer viel besser über den effizienten Einsatz von Ressourcen als der Staat. Im Bereich der Forschung und Entwicklung können Förderprogramme Impulse für die Nutzung innovativer Effizienzpotenziale setzen. 5 Gleiches Recht für alle, oder warum ein Leitfaden nicht hilft (fakultative Frage) Aus Gründen der demokratischen Legitimation ist es erforderlich, dass für Bürgerinnen und Bürger sowie EU-Unternehmen verpflichtende Bestimmungen in der EU-Gesetzgebung auf Vorschlag der Kommission von Parlament und Rat beschlossen werden. Ausführungsbestimmungen können von der Kommission in Form von Durchführungsverordnungen erlassen werden, die ebenfalls rechtlich verbindlich sind. Wenn darüber hinaus die Kommission „Leitfäden“ erstellt, so dienen diese häufig der Information und sollen gerade keine normative Wirkung entfalten – wie zum Beispiel der Leitfaden zur Anwendung der neuen Datenschutzbestimmungen vom Januar 2018. Stellt sich heraus, dass bestimmte Aspekte eines Leitfadens aber so wichtig sind, dass diese in allen Mitgliedstaaten gleichförmig umgesetzt werden sollten, so ist zu empfehlen, dass diese in eine Revision des formellen Rechtsaktes einfließen, um die Rechtsgleichheit zu erreichen. Besondere Schritte zur Aufwertung der Leitfäden selbst bedarf es hingegen nicht. 3/2019 GESTEINS PERSPEKTIVEN
TREFFPUNKT 93 lichkeitsarbeit im Fo
TREFFPUNKT 95 am „Smart-Quarry“
TREFFPUNKT 97 Flockungshilfsmittel
TREFFPUNKT 99 PERFEKTER AUSTAUSCH:
command TREFFPUNKT 101 Workshops f
TREFFPUNKT 103 bauweise regional ve
TREFFPUNKT 105 GRUPPE MIT KOMMISSAR
TREFFPUNKT 107 Der Startschuss zur
TREFFPUNKT 109 Nachrichten - mit br
TREFFPUNKT 111 HAND IN HAND sorgten
TREFFPUNKT 113 KURFÜRSTLICHES PALA
TREFFPUNKT 115 Gediegen, , beschwin
EINKAUFSFÜHRER - WER BIETET WAS? 1
INFO 119 INSERENTENVERZEICHNIS GP 3
KLEINANZEIGEN 121 Ihre Ansprechpart
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