4 Aktuell Fachkräftesicherung Arbeitsmarkt Bau – eine Bestandsaufnahme Für eine Ausbildung am Bau entscheiden sich viel zu wenig junge Menschen (Quelle: Eurovia) Von Bernd Hinrichs Im September 2016 kündigte der damalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt einen Investitionshochlauf für die Bundesfernstraßen an. Sowohl in den Landesbaubetrieben, als auch in der Straßenbaubranche wurde diese Nachricht mit großer Freude aufgenommen. Denn endlich hatten die ewig mahnenden Worte, dass bei der Infrastruktur auf Verschleiß gefahren wird, Gehör gefunden. Der ersten Begeisterung folgte allerdings schnell Ernüchterung. Der auferlegte strikte Sparkurs der vorausgegangenen Jahre hatte sowohl bei den Landesbaubetrieben als auch bei den ausführenden Unternehmen zu einer empfindlich dünnen Personaldecke geführt. Diese konnte nicht so schnell ausgebessert werden, wie das Geld in Berlin frei gegeben wurde. Denn der verlangte Stellenabbau in den Landesbaubetrieben hat katastrophale Folgen. So wurden beispielsweise beim Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen zwischen 2000 und 2015 rund 17 % der Stellen gestrichen (von 7.100 auf 5.900 Mitarbeiter). Bei Hessen Mobil fällt der Rückgang noch dramatischer aus. Hier waren es fast ein Viertel der Stellen (23 %), die gestrichen wurden (von 4.054 beschäftigten Mitarbeitern im Jahresdurschnitt auf 3.113). Inzwischen wurde bei der Personalpolitik das Ruder herumgerissen. Auftraggeber und Auftragnehmer liefern sich nun einen Kampf um die besten Fachkräfte, besonders dramatisch ist die Situation auf dem Ausbildungsmarkt. Beispiel Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen Die Straßenbauverwaltung mit Sitz in Gelsenkirchen gehört zu den größten und umsatzstärksten in Deutschland. Um ein Fiasko aus früheren Jahren nicht zu wiederholen und die zugebilligten Gelder auch tatsächlich verbauen zu können, wird mit viel Aufwand nach neuem Personal gesucht. Denn die Zahlen, die der Landesbaubetrieb nennt, sind dramatisch. So werden in den kommenden zehn Jahren allein 1.300 von derzeit rund 5.700 Beschäftigten die Verwaltung altersbedingt verlassen. Um den steigenden Personalbedarf und die Austritte zu kompensieren, muss der Landesbetrieb pro Jahr mehr als 100 neue Mitarbeiter gewinnen. Zusätzlich zu diesem Ausgleich hatte die Landesregierung bereits beschlossen, hier 50 neue Planer-Stellen zu schaffen. Bei der Suche setzt der Landesbetrieb nicht nur auf die klassische Stellenanzeige, sondern nutzt auch die eigenen Fahrzeuge als Informationsplattform. Über 2.000 Fahrzeuge wurden mit entsprechen- 3|2018
Aktuell 5 den Aufklebern versehen. Plakativ heißt es dort: „Straßen.NRW sucht Möglichmacher“, „Straßen.NRW sucht Inbewegungbringer“, „Straßen.NRW sucht Überbrücker“ und „Straßen.NRW sucht Wegfreimacher“. Zudem trägt jeder Briefumschlag, den der Landesbetrieb an seine Geschäftspartner schickt, gleichfalls den Hinweis „Straßen.NRW sucht …“. Hinweise auf die Karrierechancen werden nicht nur in den klassischen Medien platziert, sondern auch über Twitter, Facebook, Instagram und die Homepage ausgespielt. Bei einer Internetrecherche lassen sich die Ambitionen des Straßenbaubetriebes überprüfen. Unter www.nrw-verbinden.de befindet sich das Karriereportal des Landesbaubetriebes. Hier sind alle wesentlichen Informationen zu den unterschiedlichen Karrierechancen in der Verwaltung übersichtlich und klar dargestellt. Allerdings muss der Interessierte proaktiv diese Internetseite besuchen. Um mehr potentzielle Mitarbeiter anzulocken, beendet der Landesbaubetrieb in den sozialen Medien, auf Facebook und Twitter, jeden Post bzw. Tweet mit dem Satz: „Möchten Sie mit uns neue Brücken und Straßen planen oder bauen? Straßen.NRW sucht Ingenieure, Techniker und Straßenwärter.“ Abgeschlossen werden diese Meldungen mit dem Hinweis auf die Internetseite sowie mit dem Hashtag „NRWverbinden“. Die Meinungen zu dieser Kampagne im Internet sind eindeutig und zeigen sich in den Kommentarspalten: Endlich erkennt der Landesbaubetrieb die dramatische Situation, endlich wird etwas getan, aber ob es ausreicht, hier und da ein paar Autos zu bekleben, wird infrage gestellt. Da es sich bei den Kommentatoren in der Regel um Mitarbeiter des Landesbaubetriebes handelt, zeigt die ganze Dramatik der Situation. Indessen wirbt Elfriede Sauerwein-Braksiek, Direktorin des Landesbetriebes, für ihre Behörde als attraktiven Arbeitgeber: „Wir sind das größte Ingenieurbüro mit der größten Arbeitsbandbreite.“ Dazu können eine ganze Reihe von sozial-betrieblichen Leistungen angeboten werden, wie etwa ein großes Fortbildungsangebot, flexible Arbeitszeiten, mobile Arbeitsplätze sowie ein eigenes Gesundheitsmanagement. „Wir wissen, dass wir über Gehälter kaum mit der Industrie konkurrieren können, und bieten uns stattdessen über diese Mehrleistungen als attraktiver Arbeitgeber an“, so Sauerwein-Braksiek. Nach einem Jahr weg Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass im Ausbildungsbetrieb in den letzten Jahren die Zahl der Auszubildenden beim Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen nahezu konstant geblieben ist. Bemerkenswert deshalb, weil der beste Nachwuchs der selbst ausgebildete ist. Denn waren im Jahr 2013, dem Jahr, in dem der Landesbetrieb die geringste Beschäftigungszahl hatte, 261 Auszubildende beschäftigt, sank die Zahl bis 2017 auf 258. Aber auch hier scheint mittlerweile ein Umdenken stattzufinden. Für 2018 plant die Verwaltung, die Anzahl der Auszubildenden auf 268 zu erhöhen. Wie aber sieht der Stand der Auszubildenden in der Bauwirtschaft insgesamt aus? Zum Start des Ausbildungsjahres 2017 zeigte sich der Zentralverband des deutschen Baugewerbes (ZDB) erfreut darüber, dass sich die Zahl der Auszubildenden im ersten Lehrjahr in den alten Bundesländern um 1,4 % auf 9.721 und in den neuen Bundesländern sogar um 10 % auf 1.723 erhöht hat. Bedenkliche Zahlen liefern hingegen die Sozialkassen der Bauwirtschaft (Soka Bau): Rund 50 % der Auszubildenden verlassen zwölf Monate nach ihrem Abschlussjahr die Baubranche und wenden sich Emke Emken: „Die Jugendlichen müssen sich wohlfühlen und positiv über ihren eigenen Betrieb denken.“ (Quelle: privat) stattdessen anderen Branchen zu. Eine Zahl, über die es sich lohnt, nachzudenken. Denn laut der Studie „Ausbildung als Zukunft der Bauwirtschaft“ der Soka Bau von 2017 attestieren immerhin 92 % der Azubis, dass sie mit ihrem Ausbildungsbetrieb zufrieden und sehr zufrieden sind. Dass darüber hinaus dann noch die Branchenwechsler mit 65 % angeben, Zufriedenheit bzw. große Zufriedenheit mit ihrem Lehrmeister zu empfinden, legt den Verdacht nahe, dass es weniger um die Ausbildung am Bau als vielmehr um die Baubetriebe an sich geht. Unsere Recherche führt uns zum größten Ausbildungszentrum der Bauwirtschaft nach Bad Zwischenahn. Mit rund 10 ha bietet das Bau-ABC Rostrup nicht nur ein Kompetenzzentrum Asphalttechnik, sondern auch weitere gewerkespezifische Schulungs- und Demonstrationsräume. Emke Emken, Leiter des Bau-ABC Rostrup, arbeitet seit vielen Jahren mit den Auszubildenden. Er weiß, worauf es ankommt, damit sich junge Menschen langfristig für einen Beruf am Bau entscheiden: „Die Jugendlichen müssen sich wohlfühlen und positiv über ihren eigenen Betrieb denken. So was kann aber nur von innen heraus kommen und nicht über irgendwelche Marketing- und Imagekampagnen gesteuert werden.“ Die Soka Bau unterstützt Emken mit ihren Daten in seiner Ansicht. Laut der Studie von 2017 steht Spaß an der Ausbildung im Vordergrund (78 %), gefolgt – allerdings mit deutlichem Abstand – von BESUCHEN SIE UNS AUF DER HALLE/STAND C5.105/204 NADLER STRASSENTECHNIK GMBH FRAUNHOFERSTR. 3, 85301 SCHWEITENKIRCHEN +49 (0) 84 44 - 92 400 - 0 INFO STRASSENTECHNIK.DE STRASSENTECHNIK.DE 3|2018
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