30 Schwerpunkt: Rejuvenatoren Teil 2: Praxiserprobung und Bedeutung für das Erhaltungsmanagement Wirksamkeit und Performance von Rejuvenatoren Der Einbau der Asphaltdeckschicht im Rahmen der Baumaßnahme Bohlweg. (Quelle: Gogolin) Die Wiederverwendung von Ausbauasphalt ist eine der großen Stärken des Baustoffs Asphalt und spielt im Asphaltstraßenbau schon heute eine entscheidende Rolle. Im Sinne des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (kurz: „Kreislaufwirtschaftsgesetz“) und aus Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen werden zum Teil schon jetzt hohe bis sehr hohe Zugaben von Asphaltgranulat in allen Asphaltlagen realisiert. Von Dr.-Ing. Daniel Gogolin und Dr.-Ing. Alexander Buttgereit 4|2019
Schwerpunkt: Rejuvenatoren 31 Die öffentlichen Straßenbaulastträger sind im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit verpflichtet, dauerhaft die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sicherzustellen. Weiterhin sollen sie die Belange des Umweltschutzes berücksichtigen. Neben dem Neu-, Um- und Ausbau von Straßen leistet die Straßenerhaltung einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Bereitstellung der öffentlichen Verkehrsflächen und -anlagen. Die sich immer klarer abzeichnenden Klimaveränderungen zwingen die Kommunen, Klimaschutzprogramme aufzustellen und geeignete Maßnahmen zu projektieren. Hierzu können beispielsweise Maßnahmen der Wiederverwertung von Baumaterialien zählen, wie sie im „Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen“ (Kreislaufwirtschaftsgesetz [1]) gefordert werden. Ziel ist hierbei eine möglichst hochwertige Wiederverwertung, d. h., ein Down-Cycling soll grundsätzlich vermieden werden. Im Asphaltstraßenbau ist folglich eine möglichst hochwertige Wiederverwertung von Asphaltgranulat erstrebenswert. Dazu müsste einerseits sichergestellt werden, dass die Zugabemengen an Asphaltgranulat im Mischgut zielgerichtet erhöht werden. Andererseits sollen die Eigenschaften des Recyclingasphaltes möglichst dem eines frischen Asphaltes aus reinen Primärbaustoffen entsprechen, damit die vorgesehene Nutzungsdauer der Straße erreicht werden kann. Dies wird umso wichtiger, da mittlerweile die zweite und dritte Generation von Asphaltgranulat bei Erhaltungsmaßnahmen gewonnen wird. Dieses Material hat während der Nutzungszeit erhebliche Belastungen aus Verkehr und Witterung erfahren, sodass es zum Teil erheblich gealtert ist. Um die oben genannten Ziele zu erreichen, wird es in Zukunft notwendig sein, sogenannte Rejuvenatoren/Verjüngungsmittel einzusetzen. Die dabei jeweils eingesetzten Rejuvenatoren dürfen aber weder die Nutzungsdauer mindern, noch bei der nächsten Wiederverwertung negative Auswirkungen auf die Asphaltproduktion haben. Denn kürzere Nutzungsdauern führen zu erhöhten Kosten der Straßenerhaltung, Nutzungseinschränkungen für die Verkehrsteilnehmer und zu einer schlechteren CO 2 -Bilanz aufgrund hoher Emissionen in der Asphaltproduktion. Im Zuge der vorangegangenen Untersuchungen [2] wurden Möglichkeiten zur Untersuchungsmethodik und Rahmenbedingungen zur Wirkungsweise und Beschaffenheit von Rejuvenatoren vorgestellt bzw. definiert. An dieser Stelle wurde die rheologische Wirksamkeit eines Rejuvenators („Additiv 2.0“) im Labormaßstab anhand von Bindemittel- und Mörteluntersuchungen nachgewiesen. Im Rahmen dieses Beitrags soll am Beispiel von zwei ausgeführten Pilotprojekten der Stadt Münster gezeigt werden, wie die Umsetzung und anschließende Validierung der Wirkungsweise eines Rejuvenators im Praxiseinsatz erfolgen und wie das Asphaltrecycling in diesem Zusammenhang als Baustein eines Verwertungskonzeptes in ein Asset-Managementsystem einer global nachhaltigen Kommune einfließen kann. „Die Straßen von heute sind die Rohstofflager von morgen“ Die Planung, der Bau und die Erhaltung nachhaltiger und leistungsfähiger Straßen ist eine anspruchsvolle Aufgabe für die Straßenbaulastträger. Ein Asset-Management (AM) ermöglicht die umfassende Organisation von Aufgaben für einen verantwortungsvollen Umgang mit Infrastruktur, um deren Langlebigkeit und Effizienz dauerhaft sicherzustellen. Nachhaltigkeit wird so definiert, dass die Aufgabenerledigung den Bedürfnissen der Gegenwart entspricht, ohne die Fähigkeit künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Die drei Säulen der Nachhaltigkeit sind Ökologie, Ökonomie und soziokulturelle Belange [3]. Nachhaltige Entwicklung entsteht durch die gleichzeitige und gerechte Umsetzung von ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Zielen. Dieser Ansatz gilt auch für die Entwicklung nachhaltiger Straßeninfrastrukturen. Das Vorhalten von Straßennetzen erfordert im Laufe des Lebenszyklus eine Vielzahl von Eingriffen (z. B. Wiederaufbau-, Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen), was umfangreiche Investitionen, große Mengen an Energie und anderen Ressourcen erfordert. Solche Aktivitäten führen zu entsprechenden wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Auswirkungen. Früher basierte der Entscheidungsprozess im Straßenbau hauptsächlich auf den Anschaffungskosten. Der Einsatz von Fahrbahnmanagementsystemen (PMS) unter Berücksichtigung der Lebenszykluskosten hat in den letzten Jahrzehnten jedoch kontinuierlich zugenommen. Neben wirtschaftlichen Fragen müssen auch ökologische und soziale Auswirkungen in die Fahrbahnmanagementprozesse einbezogen werden, um nachhaltige Straßennetze zu entwickeln. Deshalb hat sich die Straßenbauabteilung des Amtes für Mobilität und Tiefbau im Jahr 2017 dafür entschieden, ein nachhaltiges Asset-Managementsystem (Sustainable Asset Management – SAM) aufzubauen, welches im Frühjahr 2018 erstmals zertifiziert wurde. Die wesentlichen Merkmale dieses SAM MS sind dabei: • den wahren Bedarf der „Infrastruktur“ ermitteln, • die Anforderungen an die „Infrastruktur“ definieren, • die Umwelt dabei schützen, • adäquate Qualität zu bestmöglichen Kosten sicherstellen und • den Lebenszyklus betrachten. Das Ziel ist im AM-System wie folgt definiert: „Wir arbeiten umweltgerecht.“ Zwei der Indikatoren, mit denen die Zielerreichung gemessen werden soll, heißen „Umgang mit Abfällen“ und „hohe Wiederverwertungsquote“. Eine wesentliche Aufgabe in Münster besteht also darin, das bestehende Erhaltungsmanagement mit dem Neben wirtschaftlichen Fragen müssen auch ökologische und soziale Auswirkungen in die Fahrbahnmanagementprozesse einbezogen werden. 4|2019
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