24 Intern Interview Nachgefragt bei DAV-Präsident Oliver Nohse Die 20. Deutschen Asphalttage waren ein voller Erfolg. Die Jubiläumsveranstaltung, die erstmals unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) stattfand, setzte viele neue Impulse. Wir sprachen am Ende der Veranstaltung mit dem wiedergewählten DAV-Präsidenten Oliver Nohse über die 20. Deutschen Asphalttage und ihre Signalwirkung. Quelle: Eurovia asphalt: Sehr geehrter Herr Nohse, die 20. Deutschen Asphalttage liegen nun hinter uns. Mit welchen Eindrücken fahren Sie jetzt nach Hause? Nohse: Wir haben eine spannende Tagung erlebt, die einige Rekorde gebrochen hat. Niemals zuvor hatten wir so eine große Fachausstellung, rund 90 Firmen, und noch nie hatten wir so viele Tagungsteilnehmerinnen und Teilnehmer – rund 1.000. Aber die Zahlen sind natürlich nur eine Seite der Medaille. In den gleichen Maßen ist auch die Zufriedenheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wichtig. Ein gelungener Themenmix bei den hervorragenden Vorträgen, sehr interessanten Keynotes und Reden sowie mit Herrn Gabriel ein exzellenter Gastredner sorgten für den richtigen Rahmen der Jubiläumsveranstaltung. Und lassen Sie mich noch eines zum Austragungsort sagen: Nicht selten wurde in den vergangenen 20 Jahren infrage gestellt, ob Berchtesgaden, an der äußersten südöstlichen Spitze Deutschlands gelegen, angesichts der schlechten Erreichbarkeit und des in den ersten Jahren doch noch recht dürftigen Hotelangebots auf Dauer der optimale Tagungsort für die Deutschen Asphalttage sei. Ich denke aber, durch die verbesserte Hotelsituation im Ort und die mittlerweile guten Flugverbindungen nach Salzburg brauchen wir die Standortdiskussion nicht mehr zu führen – ganz im Gegenteil: Ich kann mir zurzeit keinen besseren Tagungsort als Berchtesgaden für unsere Asphalttage vorstellen. Gab es für Sie ein beherrschendes Thema auf der Tagung? Neben den rein wirtschaftlichen Aspektenging es in den letzten Tagen vor allem um ökologische Themen und das wichtige Thema der Sicherung von Fachkräften. Es ist für uns bedenklich, dass, obwohl der Bund für die Sanierung und den Ausbau der Infrastruktur nach wie vor beträchtliche Investitionsprogramme zur Verfügung stellt, 2019 weniger Asphaltprojekte bei der öffentlichen Hand zur Ausführung standen. Wir rechnen derzeit im Präsidium des DAV mit einem Rückgang der Asphaltproduktion in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr von etwa 5 bis 10 %. Damit rutschen wir wieder unter die 40-Mio.-t-Linie. Für die Asphaltbranche ist das eine unerwartete und dramatische Entwicklung. In einigen Bundesländern, beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, sank die Asphaltproduktion um sage und schreibe fast 50 % im Vergleich zu 2018. Doch ähnlich wie bei der Bahn benötigt die vordringliche Sanierung unserer maroden Brücken immense Summen und Planungskapazitäten, und das geht zulasten von Streckensanierungen. Sie sehen also kein Licht am Ende des Tunnels? Ich bin ein optimistischer Mensch und blicke auch entsprechend in die Zukunft. Ich bin der festen Überzeugung, dass Bund und Länder weiter unsere Infrastruktur ausbauen und ihre Verkehrshaushalte auf dem hohen Niveau halten werden. Die Autobahn GmbH, die nach ihrer Neugründung mit der Neuorganisation von 15.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor einer Mammutaufgabe steht, hat aus meiner Sicht im letzten Jahr einen guten Start hingelegt. Wir konnten am Eröffnungstag eine hervorragende Analyse der Situation von Stephan Krenz, vorsitzender Geschäftsführer der Autobahn GmbH, hören. Wir sind uns da einig: Die wichtigen Schnittstellen zu den jeweiligen Landesbetrieben müssen jetzt ohne Reibungsverluste ausgebaut werden. Es dürfen keine Stillstände bei der Modernisierung unseres Straßennetzes entstehen. Sie selber haben in Ihrer Begrüßungsansprache auf das marode kommunale Verkehrswegenetz hingewiesen. Ja, denn ich denke, dass es bedauerlich ist, dass insbesondere in unseren Kommunen und Städten die finanziellen Möglichkeiten für die dringend erforderliche Sanierung der maroden Nohse: „Ich bin der festen Überzeugung, dass Bund und Länder weiter unsere Infrastruktur ausbauen.“ Straßen nicht ausreichend genutzt werden – schauen Sie sich mal um in Dortmund, Berlin, Stuttgart, München oder Leipzig. Überall das gleiche Bild: Der marode Zustand der kommunalen Straßen, die teilweise von Bussen kaum noch befahren werden können, ist wirklich dramatisch. Gerade auch vor dem Hintergrund der Forderung, dass der ÖPNV zur Erreichung unserer Klimaziele vor allem in unseren Städten zuverlässiger und vor allem pünktlicher werden muss. Asphalt als Steigbügel, um die Klimaziele einzuhalten? Unbedingt. Mit unserer Bauweise decken wir rund 95 % aller Straßenoberflächen in Deutschland ab. Damit ist der Baustoff Asphalt in besonderer Weise geeignet, im Bereich „Mobilität und Umwelt“ entscheidende Akzente zu setzen. Und dabei müssen wir auch über unseren eigenen Tellerrand hinausblicken – wie wir das ja auch wieder auf den Deutschen Asphalttagen getan haben: Welche Antriebsarten der Fahrzeuge auf unseren Straßen werden sich in Zukunft durchsetzen – bzw. welche Antriebsarten sind wirklich klimaschonend und langfristig CO 2 -neutral? Wie werden sich unsere Städte mit Blick auf Mobilität und Innovation verändern? Auch hier können wir durch die Asphaltbauweise gute, umweltfreundliche und klimaschonende Lösungen für die Mobilität der Zukunft bieten. Welche Lösungen schweben Ihnen da vor? Da gibt es ganz viele Möglichkeiten. Es beginnt doch schon beim Ausbau des Radwegenetzes. 2|2020
Intern 25 Ebene und sauber strukturierte Radwege sorgen dafür, dass noch mehr Menschen vom Auto aufs Fahrrad umsteigen. Gleiches gilt für Radschnellwege, die gerade in den eng besiedelten Ballungszentren immer mehr an Bedeutung gewinnen. Vieles, was heute noch nach Zukunftsmusik klingt, wird morgen schon Realität sein, wie etwa Pendlerparkplätze mit Energiegewinnung. Auch separate Fahrwege für den ÖPNV lassen sich mit Asphalt besonders gut, schnell, zuverlässig und nachhaltig herstellen. Die Asphaltstraße eignet sich darüber hi - naus auch hervorragend für induktives Laden von Elektrofahrzeugen, wie erste Versuche zeigen. Daneben können Asphaltbeläge auch zur signifikanten Verringerung von Schadstoffbelastungen – insbesondere von Stickoxiden – beitragen, wie aktuelle Beispiele zweier Hersteller in einigen Städten bereits erfolgreich zeigen. Damit können mögliche Fahrverbote vermieden werden. Und – ich habe in meiner Eröffnungsansprache ein entsprechendes Bild aus China gezeigt – selbst Straßenbahnen können auf Asphalt schienenlos mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h fahren. Das sind im Wesentlichen alles Einsatzgebiete. Welche ökologischen Vorteile bietet Asphalt aus Ihrer Sicht denn schon beim Herstellungs- bzw. Einbauprozess? Hier müssen wir über temperaturabgesenkte Asphalte reden, wobei weder die Qualität noch die Möglichkeit der Wiederverwendung von Ausbauasphalt eingeschränkt werden dürfen. Denn die Wiederverwendung von Ausbauasphalt ist nach wie vor unser größter und nachhaltigster Umweltbeitrag. Wir selber haben in Deutschland bereits hierzu gute Erfahrungen gesammelt und können über unseren europäischen Dachverband EAPA auch auf internationale Erfahrungen zugreifen. Aber – wie können Damit ist der Baustoff Asphalt in besonderer Weise geeignet, im Bereich „Mobilität und Umwelt“ entscheidende Akzente zu setzen. wir die temperaturabgesenkte Bauweise in unser Regelwerk aufnehmen? Oder sollen wir einen CO 2 -Footprint mit einer Bonus- und -Malus-Regelung einführen? Dies sind sicher Fragen, die wir mit und in der FGSV-Forschungsgesellschaft diskutieren müssen. Die Temperaturabsenkung wirkt sich auch positiv auf den neuen, bis zum 31.12.2024 ausgesetzten Arbeitsplatzgrenzwert für Dämpfe und Aerosole aus Bitumen aus, da auf diese Weise durchaus eine Reduzierung der Emissionen von bis zu 70 % erzielt werden kann. Das belegen auch aktuelle Messungen aus Hessen und Nordrhein-Westfalen, wo in Kombination mit Fertigerabsaugungen und durch Zugabe von temperaturreduzierenden Zusätzen die neuen Grenzwerte eingehalten werden konnten. Was können wir neben der Temperaturabsenkung noch tun, um umweltfreundlichen Asphalt herzustellen? Wir müssen analysieren, wo und wie wir Prozesse in der Asphaltproduktion zur Reduzierung von Treibhausgasen verändern bzw. optimieren können. Wir müssen uns mittelfristig auch vom Einsatz des heimischen und kostengünstigen Brennstoffes Kohlestaub verabschieden. Erdgas könnte vorübergehend überbrücken, bis auch wir einen klimaneutralen Brennstoff gefunden haben. Auch hier sollten allgemeingültige Regelungen gefunden werden, ohne dass dem einzelnen Mischgutproduzenten ein Wettbewerbsnachteil entsteht und dieser nicht mehr wirtschaftlich produzieren kann. Allein durch eine Absenkung des Energieverbrauches bei der Produktion von Asphalt von nur 10 % würden 200.000 t weniger CO 2 emittiert – so viel wie beispielsweise 100.000 Pkw im Jahr an CO 2 ausstoßen. Zahlen, über die wir nachdenken sollten. Herzlichen Dank! Internationaler Austausch Geschäftsführung Ammann UK empfangen Mitte Januar begrüßten André Täube und Marco Bokies, Geschäftsführer des Deutschen Asphaltverbandes (DAV), eine Delegation von Ammann UK in Bonn. Der Gedankenaustausch war auf Anregung von J. Rettenmaier & Söhne zustande gekommen. „Das Thema Recycling gewinnt auch in Großbritannien immer mehr an Bedeutung, die Zugabemengen sind dort aber aktuell noch deutlich unter denen in Deutschland. Die Kaltzugabe ist für gewöhnlich die gängigste Dosierform auf der Insel“, fasst Bernd Abele von Rettenmaier die Beweggründe des Besuchs zusammen. Dabei drehten sich die Gespräche im Wesentlichen um die aktuellen Regelwerke, Entwicklungen sowie welche Erfahrungen und Versuche mit Rejuvenatoren vorliegen. „Und genau an diesem Punkt kommt Rettenmaier ins Spiel“, so Abele. Denn mit „Viatop plus RC“ bietet das Unternehmen ein Additiv zur Steigerung der Wiederverwendungsquote. Für den DAV gab Andreas Stahl, Referent Asphaltbauweise und -technologie, einen Überblick über den Status quo bei der Wiederverwendung von Ausbauasphalt in Deutschland. • (v. l. n. r.): André Täube, Bernd Abele, Andreas Stahl, Dr. Helen Bailey, Marco Bokies, Steve Joyce und David Hunt (Quelle: DAV/hin) 2|2020
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